Ein historischer Zufall
MEINE SICHT
Es ist richtig, dass Lehrer, die eine vierjährige Ausbildung für den Unterricht von Grundschulkindern absolviert haben, und sei es auch in einem anderen System, nun in der Bundesrepublik unterrichten dürfen. Denn keine im Nachhinein als ideologisch bezeichneten Unterrichtsfächer haben die Lehrer bisher an der Ausübung ihres Berufs gehindert: Schlicht der historische Zufall ist schuld, dass sie seit 25 Jahren als Erzieher schlechter gestellt sind, weil sie zum Stichtag nach der Wende am falschen Ort waren. Sei es als Erzieherin im Hort, sei es im Mutterschutz.
Dass sie sich nun auf eine Stelle bewerben können, die ihrer Ausbildung entspricht, ist deshalb späte Gerechtigkeit, auch, wenn die Aktion überhastet und wie eine Wahlkampfaktion wirkt, um den Lehrermangel noch vor Beginn des nächsten Schuljahres zu kaschieren.
Trotzdem muss sich Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) drei Kritikpunkte gefallen lassen: Erstens brauchen die nun eingestellten Lehrer gute Weiterbildungsangebote, um sich fachlich auf die Höhe der Zeit zu bringen und im Verlauf eine bessere Eingruppierung zu erreichen. Zweitens brauchen sie von Anfang an ein höheres Lohnangebot. Es kann nicht sein, dass alle Betroffenen Lohnverluste hinnehmen und zusätzlich zur fachlichen Umstellung ein finanzielles Risiko für ihre Familien schultern müssen. Drittens, und darauf weist die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft zurecht hin, fehlen die Erzieher dann wieder an anderer Stelle. Stellenausschreibungen für Erzieher, wie von Scheeres geplant, werden den eh schon bestehenden Mangel nicht beheben. Lohnzulagen für Erzieher müssen folgen.
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