Flüstertüte
Für einen lautstarken Protest, der sich von den Äußerungen marodierender Stadiongänger unterscheiden will, ist die Flüstertüte unabdingbar. Während die Trillerpfeife eher zur Übermittlung schlichter Botschaften taugt, der Lauti hingegen den gehobenen Demo-Anspruch samt musikalischer Untermalung befriedigt, dient die Flüstertüte dem soliden Skandieren von Parolen (»Hoch die«, »Nieder mit«) und für Mitteilungen an überschaubare Mengen. Seine Erfindung verdankt das Megafon der Erkenntnis, dass Schall, gebündelt und durch eine hyperbolische Form gelenkt, besser an sein Ziel gelangt. Die Bezeichnung »Sprachrohr« für das Ur-Megafon wird heute meist nur noch metaphorisch für Menschen oder Presseorgane gebraucht, die nachplappern, was andere sagen. Tatsächlich ist die moderne Flüstertüte eine kleine Anlage aus Mikrofon, Verstärker und Lautsprecher, ein »Lauti to go«, bloß dass hinten Roboterstimmen rauskommen. Schon für rund 30 Euro ist ein ansehnliches Exemplar zu haben. Eine tolle Sache also! Doch Achtung: Haben Sie bei einer Demonstration ein Megafon in der Hand, gelten Sie flott als Rädelsführer, werden für Dinge verantwortlich gemacht, die auch andere nicht getan haben, und werden womöglich für Monate eingebuchtet. rst
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