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Zwangsräumung à la DelPro

Firmen zum Eintreiben von Mietschulden erleben Boom

  • Peter Nowak
  • Lesedauer: 2 Min.
Anne S. und ihr 19-jährige Tochter Franzy sind eigentlich selbstbewusste Personen. Beide sind in sozialpolitischen Initiativen aktiv und lassen sich nicht so schnell einschüchtern. Doch vor einigen Tagen haben beide einen gehörigen Schreck bekommen, als zwei Herren vor der Tür ihrer Neuköllner Wohnung standen. Auf ihren Visitenkarten gaben sie sich als Mitarbeiter der Umsetzungsfirma DelPro GmbH zu erkennen. Sie seien Spezialisten für die Eintreibung von Mietschulden. Sie habe die Miete immer gezahlt, beteuert Anne S. Allerdings habe es im Sommer einen Vermieterwechsel gegeben. Die Juli-Miete habe sie verabredungsgemäß an den alten Besitzer bezahlt. Ab August sei die Miete dann an die neue Firma, die WVB Wohnpark Verwaltungs- und Betreuungs-GmbH gegangen. Außerdem habe sie noch bis Dezember weiter die Staffelmiete bezahlt. Von der Hausverwaltung sei nie eine Mahnung oder eine schriftliche Reaktion gekommen. Deshalb seien sie und ihre Tochter auch durch das Auftauchen der Geldeintreiber so erschrocken gewesen. Bei der DelPro GmbH kann man das nicht so recht verstehen. Das Verhalten ihrer Angestellten könne nicht beanstandet werden. Joachim Oellerich von der Berliner MieterGemeinschaft sieht das Problem grundsätzlicher. In Zeiten zunehmender Armut erleben auch Firmen wie die DelPro einen Boom. Sie werden von den Hausverwaltern beauftragt, Mietrückstände einzutreiben. In der Regel bevorzuge man den kooperativen Weg, so Oellerich. So werde mit Sozialämtern und den Schuldnerberatungen der Bezirke Kontakt gesucht. Dieser Ansatz findet sich auch im Selbstverständnis der DelPro: »Zielgerichtete Ansprache der Mieter, die wegen Rückständen gemahnt oder gekündigt werden, hinsichtlich ihrer Zahlungsmöglichkeiten. Des Weiteren sollen die Mieter dahingehend beraten werden, dass zusätzliche Kosten und Zwangsräumungen seitens des Vermieters vermieden werden«, heißt es auf deren Internetseite. Doch manchmal würden brachialere Methoden angewandt, weiß Mieterberater Oellerich. Da werde schon mal mit Druck gearbeitet und das könne einschüchternd wirken, wie es die beiden Frauen erleben haben. Auch dafür finden sich im DelPro-Selbstverständnis Anhaltspunkte: »Der Schuldner ist nur dann zur Zahlung zu bewegen, wenn ein Mitarbeiter ihn persönlich besucht. Nur dies erzeugt den nötigen Druck auf den Schuldner. Ausreden und Hinhaltetaktiken können im persönlichen Gespräch vom DelPro-Mitarbeiter erkannt und damit abgewendet werden.« Als letztes Mittel bleibt dann nur der Rausschmiss. »Das Auszugsmanagement setzt seinen Schwerpunkt auf die zeitnahe Freisetzung des Mieters aus der Wohnung, um zusätzliche Kosten, wie weitere Mietschulden oder die mit einer Zwangsräumung verbundenen Kosten, zu verhindern«, heißt es bei der DelPro.

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