Hasardeure

Kalenderblatt

  • Gerd Fesser
  • Lesedauer: 2 Min.

Spätsommer 1916. Der Weltkrieg währt bereits zwei Jahre. Die regierenden Kreise des kaiserlichen Deutschland wollen nicht wahrhaben, dass die Erfolge der Ententemächte aus deren militärischer und wirtschaftlicher Überlegenheit zu erklären sind. Sie machen den Generalstabschef Erich von Falkenhayn für die Verschlechterung der militärischen Lage verantwortlich. Nach mancherlei Intrigen gelingt es Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg, dessen Entlassung durchzusetzen.

Am 29. August 1916 wird Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg neuer Generalstabschef. Zum maßgebenden Mann der 3. Obersten Heeresleitung (OHL) aber wird General Erich Ludendorff, für den man eigens die Dienststellung des »Ersten Generalquartiersmeisters« schafft. Ludendorff übt nun mehr und mehr auch auf Entscheidungen der Reichsregierung bestimmenden Einfluss aus. Hindenburg und Ludendorff waren nach ihrem Sieg bei Tannenberg über die russische Narew-Armee (26. bis 30. August 1914) von der deutschen Propagandamaschinerie zu einem kongenialen »Feldherrenpaar« stilisiert worden. Der meiste Glanz fiel auf Hindenburg. In Wirklichkeit ist der phlegmatische Generalfeldmarschall nur nach außen hin der Chef und unterschreibt bereitwillig alles, was der energiegeladene Ludendorff ihm vorlegt.

War Falkenhayn mit seiner »Ermattungsstrategie« gescheitert, so setzt Ludendorff auf eine noch viel unrealistischere »Vernichtungsstrategie«, jagt dem Phantom eines »Siegfriedens« nach. Die neue OHL betreibt eine totale Mobilisierung. Ende August 1916 wird das »Hindenburg-Programm« beschlossen, das eine gewaltige Steigerung der Rüstungsproduktion vorsieht. Im Dezember 1916 nimmt der Reichstag das Gesetz über den »Vaterländischen Hilfsdienst« an, das alle Männer vom 17. bis zum 60. Lebensjahr zur Arbeit in der Rüstungsindustrie zwangsverpflichtet. 1917 verbessert sich die Situation Deutschlands vorübergehend, weil Russland aus der Entente ausschert.

Von März bis Juli 1918 führt Ludendorff fünf große Offensiven gegen die britisch-französischen Stellungen, erringt Teilerfolge - und verliert eine Million Soldaten. Zur gleichen Zeit geht in Frankreich eine Million amerikanischer Soldaten an Land. Als im Juli 1918 die Gegenoffensive der Ententemächte beginnt, gerät die deutsche Armee schnell in eine hoffnungslose Lage. Nun verlangt die OHL am 29. September 1918 urplötzlich von der Reichsregierung, sofortige Waffenstillstandsverhandlungen aufzunehmen. Die Entente ist auf der Siegerstraße und diktiert harte Bedingungen. Daraufhin erhebt Ludendorff die ungeheuerliche Forderung, Deutschland solle einen »Endkampf« führen. Das ist zu viel. Am 26. Oktober 1918 entlässt man ihn. Zwei Wochen später wird in Compiègne das Waffenstillstandsabkommen unterzeichnet. Gerd Fesser

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