Aktionstage sollen Schüler animieren

Elterntaxis sind ein Problem, die Jugendlichen bewegen sich nicht und entwickeln kein verkehrssicheres Verhalten

  • Gisela Gross
  • Lesedauer: 2 Min.

Der Feind ist die Uhr: Kurz vor Schulbeginn bricht das Chaos in der eigentlich ruhigen Straße aus. Familienkutschen brettern über den Zebrastreifen, kommen schließlich auf einem Gehweg zum Stehen. Von den Rückbänken purzeln müde Kinder mit Schulranzen und trotten Richtung Schultor. Mami oder Papi drücken da schon wieder aufs Gaspedal, sofern ihnen die Autos anderer Eltern Platz dafür lassen. Solche Szenen sind ein Grund, warum sich Polizei, Lehrer und Verkehrsexperten für ein Umdenken aussprechen.

Zum Zu-Fuß-zur-Schule-Tag am 22. September weisen unter anderem das Deutsche Kinderhilfswerk und der ökologische Verkehrsclub Deutschland (VCD) auf die Probleme hin, die gerade in Städten mit Elterntaxis einhergehen. Aktionswochen bis Ende September sollen tausende Schüler zur mehr Bewegung animieren. Zwar mag für Eltern der Schutz ihrer Sprösslinge vor Regen, möglichen Verkehrsgefahren oder Belästigungen vorrangig erscheinen. Gegen das Elterntaxi aber spricht vieles. Jörg Becker vom ADAC Berlin-Brandenburg ist nicht allein mit der Befürchtung, dass es chauffierten Kindern an Bewegung, sozialen Kontakten und später an Konzentrationsfähigkeit in der Schule mangele. »Und die Kinder verpassen es, vielleicht in Begleitung eines Erwachsenen ein sicheres Verhalten im Verkehr einzuüben«, sagt Becker.

In Berlin sei die Zahl der Unfälle mit Kindern in den vergangenen Jahren eher rückläufig, betont Andreas Tschisch, der bei der dortigen Polizei den Fachstab Verkehr leitet. Allerdings würden etwa zwei Drittel davon von Kindern verursacht - sie gefährden sich selbst. Heutzutage beobachte die Polizei bei Kindern ein unselbstständigeres Verhalten im Verkehr und zunehmende motorische Probleme. »Viele Grundschulkinder sind gar nicht mehr in der Lage, ein Fahrrad zu bewegen«, sagte Tschisch. Der Aktionstag sei eine »vernünftige Angelegenheit«.

Weil viele Eltern so verunsichert sind, gibt es inzwischen einen Markt an Hilfsmitteln. Die Rede ist nicht nur von orangefarbenen Mützchen oder Warnwesten, sondern von Apps oder Tracking-Uhren. Verkehrsexperte Becker ist skeptisch. »Technik kann nicht die Eigeninitiative ersetzen«, betont er. Viele Experten sprechen sich für Elternhaltestellen in der Nähe von Schulen aus.

Auch Tschisch von der Polizei will Eltern das Fahren nicht gänzlich madig machen: Oft reiche es schon, wenn sie in 300 bis 400 Meter Entfernung zur Schule hielten. dpa

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