Initiativen pochen auf Wahlversprechen
Mindestens 10 000 Wohnungen sollen vom neuen Senat pro Jahr gebaut werden, davon die Hälfte preisgebunden
Der Eingang des Roten Rathauses war am frühen Donnerstagmorgen Anlaufstelle für diverse stadt- und umweltpolitische Initiativen. Vor dem Beginn der Koalitionsverhandlungen für die Bildung einer neuen Senatsregierung aus SPD, Linkspartei und Grünen wollten sie die Verhandlungsdelegationen nochmals an die Versprechungen aus den Wahlprogrammen erinnern.
Besonders stark vertreten war das Bündnis »Wohnen für alle«, ein Zusammenschluss verschiedener Mieterinitiativen, die auch zu den Trägern des Mietenvolksbegehrens gehörten. Das Bündnis verlangt vom künftigen Senat, vor allem bei der Schaffung von preisgünstigem Wohnraum für Gering- und Normalverdiener das Tempo zu erhöhen. Dabei, so Bündnissprecher Rouzbeh Taheri, könne man sich auch auf Aussagen von Vertretern der beteiligten Parteien berufen.
Unter anderem fordert das Bündnis den Bau von mindestens 10 000 Wohnungen pro Jahr durch die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften, davon die Hälfte als preisgebundene Sozialwohnungen. Auch von privaten Bauträgern soll künftig - so weit im Rahmen der kooperativen Baulandentwicklung und bei der Vergabe landeseigener Grundstücke möglich - eine entsprechende Quote verlangt werden. Ergänzt werden soll dies durch ein Ankaufprogramm zur Rekommunalisierung ehemals landeseigener und vom rot-roten Senat privatisierter Bestände sowie die Schaffung eines Fonds auf Landesebene, um den Bezirken in Milieuschutzgebieten die Ausübung des bereits bestehenden Vorkaufsrechts von Mietshäusern zu ermöglichen. Auch in der Liegenschaftspolitik wird ein Umsteuern angemahnt. Dazu gehört ein allgemein zugängliches Kataster aller in öffentlichem Besitz befindlichen Liegenschaften sowie deren Vergabe in Erbbaupacht statt durch Verkauf.
Erinnert wird ferner an die im Rahmen des Kompromisses zum Mietenvolksbegehren vereinbarte Einrichtung einer Anstalt öffentlichen Rechts zur Wohnraumversorgung. Diese ist zwar inzwischen gesetzlich verankert, aber die entsprechenden Gremien wurden noch nicht einberufen. Als Sofortmaßnahme verlangt das Bündnis die Annullierung der Mieterbeiratswahlen bei einigen städtischen Wohnungsgesellschaften. Dort waren missliebige Mieter von der Kandidatur ausgeschlossen worden, andere erhielten keine Teilnahmeunterlagen.
»Ich gehe davon aus, dass die Mieten- und Wohnungspolitik für die künftigen Koalitionäre einen wichtigen Schwerpunkt darstellen wird«, sagt Taheri. Die außerparlamentarische Mieterbewegung habe »in den vergangenen Jahren enormen Druck aufgebaut«. Und dieser Druck müsse auch weiterhin aufrechterhalten halten, denn auch bei einem rot-rot-grünen Senat werde eine umfassende soziale Neuausrichtung »keineswegs ein Selbstläufer sein«.
Während sich die eintreffenden Mitglieder der Verhandlungsdelegationen unter Verweis auf die bevorstehenden Verhandlungen nicht zum Stellenwert der einzelnen Forderungen äußern wollten, betont das Bündnis, dass die aktuell verlangte Umsetzung der eigenen Wahlkampfprogramme nur ein erster Schritt sein kann. Mittelfristig sollen vor allem Instrumente zur Mietendeckelung in kommunalen Wohnungsbeständen ausgebaut und Möglichkeiten für kostentreibende Modernisierungen eingeschränkt werden.
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