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Kleine Wohnungen mit Balkon

Kommunale Unternehmen sprechen über zukunftsweisenden Neubau

  • Tim Zülch
  • Lesedauer: 2 Min.

»Wir machen immer das, was die Gesellschaft vor 15 Jahren gebraucht hätte. Nun halt Wohnungen bauen«, sagt Zukunftsforscher Harry Gatterer. 300 Wohnungen will die degewo dieses Jahr in Berlin fertigstellen, für rund 1700 Wohnungen soll noch 2016 Spatenstich sein. Bei der »Stadt und Land« befinden sich rund 1100 Einheiten in der Bauphase. Auch bei den anderen vier landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften brummt es: Zusammen haben sie das Ziel ausgegeben, rund 60 000 Wohnungen in den kommenden zehn Jahren zu bauen und zusätzlich rund 36 000 anderweitig zu erwerben.

Wie bei diesen Herausforderungen gebaut werden kann, diskutierten die sechs kommunalen Wohnungsunternehmen am Donnerstag auf einem gemeinsam mit dem Deutschen Architekturzentrum ausgerichteten Symposium. Dort stellte Gatterer auch die These auf, dass der »Megatrend« Individualisierung seinen »Peak« erreicht habe. »Individualisierung bedeutet heute nicht Vereinzelung, sondern es geht um die Verbindung mit anderen.«

Trotz der unstrittigen Schönheit von Gründerzeitbauten sei es in der momentanen Situation notwendig, die Scheuklappen abzunehmen und die Möglichkeiten seriellen Bauens auszuloten, sagte der Berliner Architekt Muck Petzet. »Wir können da von Plattenbauten lernen.« Genau wie der Frankfurter Architekt Stefan Forster sah er die überbordende Anzahl von Standards kritisch.

»Wir müssen diese überdimensionale Zwiebel der Standards, die über uns gewachsen ist, langsam abschälen«, so Forster. »Niemand führt einmal aufgestellte Regulierungen zurück. Dabei würde gerade dies das Bauen vereinfachen und preisgünstiger machen«, so Forster. Konkret kritisierte er, dass scheinbar alle Wohnungen mittlerweile barrierefrei gebaut werden müssten, sowie die übertriebenen Dämmvorschriften der Energieeinsparverordnung. Kosten, die zuletzt die Mieter tragen müssten.

»Wohnungen müssen kleiner werden«, sagte Architekt Petzet und führte aus: »Ein Zimmer muss nicht immer zehn Quadratmeter groß sein. Ich habe zu Hause ein Sechs-Quadratmeter-Zimmer, das ich gerne nutze.« Forster ergänzte: »Wir müssen mehr Raum außerhalb der Wohnung schaffen. Ich denke da an Loggia oder Balkon, damit man sich nach einem Streit auch mal zurückziehen kann.«

Ingo Malter, Geschäftsführer der »Stadt und Land«, beschrieb eine momentane Schwierigkeit so: »Wir können weder heutige noch künftige Lebens- und Wohnformen baulich verordnen; wir können lediglich ein räumliches Angebot machen, das erst durch die Bewohner interpretiert und geformt wird.« Seine Lösung: Neu gebaute Wohnungen müssten wandlungsfähig sein. »Sie müssen für mehr als eine Generation halten und später durch unkomplizierten Umbau möglichen neuen Nutzungskonzepten angepasst werden können.«

Große Herausforderungen für Architekten und Bauwirtschaft also. Zumal die Baubranche, so Zukunftsforscher Harry Gatterer, einer der uninnovativsten Industriebereiche überhaupt sei.

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