Weiße Kittel, dreckige Welt

Thomas Ostermeier inszeniert einen großartigen »Professor Bernhardi« an der Schaubühne

  • Hans-Dieter Schütt
  • Lesedauer: ca. 3.5 Min.

Wir beobachten den am schärfsten, der uns am tiefsten treffen, verletzen, bloßstellen kann. Das ist der Grund, warum man so gebannt auf diesen »Professor Bernhardi« blickt. Thomas Ostermeier inszenierte an der Berliner Schaubühne das Stück von Arthur Schnitzler (Bühne: Jan Pappelbaum). Ein Mädchen stirbt, ein Pfarrer will die letzte Ölung, Klinikchef Bernhardi lehnt ab: Das Mädchen glaubt, es sei geheilt, das Erscheinen des Pfarrers würde sie schockieren - darf sie nicht mit einer Illusion ableben? Güte des jüdischen Arztes wider christliches Ritual. Es folgt ein Rededrama bis ins Parlament. Alles schaukelt sich gesinnungssatt hoch. Bis zur Haftstrafe gegen Bernhardi.

Ein starkes fünfzehnköpfiges Ensemble spielt bezwingend (fast möchte man sagen: bezaubernd) Missgunst, falsche Loyalität, Kriechertum, Heimtücke, Feigheit. Eiskalte Lebenslichter, die sich auf den Docht gehen. Menschen, ins Karriere-Säurebad gekippt, wo sie zu Bazillen kl...


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