Einheit durch Gleichheit

Das einige Europa ist nicht erst seit kurzem bedroht. Die Einigung selbst war Produkt einer Teilung. Und die marktliberale Wende schuf noch zwei weitere Spaltungen. Von Georg Fülberth

  • Georg Fülberth
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Katastrophen-Prognosen sind - wie andere ideologische Konstrukte auch - in der Regel interessengeleitet: Man fordert Änderungen, weil es so wie bisher nicht mehr weitergehen könne, und hält dann ein eigenes Rezept parat für das, was jetzt unbedingt getan werden müsse.

Dies gilt auch für die gegenwärtige Diskussion über den angeblich bevorstehenden Zerfall Europas. Er wird von denen, die eine Exekution marktradikaler »Reformen« in allen Ländern der EU fordern, ebenso beschworen wie von ihren Gegnern, die eine Rückkehr zu mehr Nationalstaatlichkeit für notwendig halten, letztere mit dem Argument, Zusammenhalt sei nur durch Vielfalt zu retten.

Nicht gefragt wird, ob das, was jetzt auf dem Spiel stehen soll, überhaupt jemals bestanden hat: die Einheit Europas.

Bis 1939 war der Kontinent in einander bekämpfende, belauernde und fürchtende Nationalstaaten zersplittert, danach stand seine faschistische Vereinheitlichung kurz bev...


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