Wie Luther die Berge eroberte

Auf den Wegen der Bibelschmuggler am Dachstein unterwegs. Von Anja Reinbothe-Occhipinti

  • Anja Reinbothe-Occhipinti
  • Lesedauer: ca. 4.5 Min.

Schwindelerregend hoch ist der Predigtstuhl, ein riesiger zerklüfteter Felsen mit Gucklöchern oberhalb von Ramsau in der Steiermark. Oben steht ein Vorleser mit einer in Rindsleder gebundenen Bibel. Vor ihm am Hang sitzen die Gläubigen auf Felsbrocken und Grasbüscheln und lauschen, ohne die Pfade und Wege ins Tal aus den Augen zu lassen. Von ihrem Platz auf rund 1600 Höhenmetern sind diese gut einsehbar, so dass man Feinde schnell ausmachen kann. Die Feinde, das sind die Katholiken. Wenn deren Späher sich nähern, flüchten die protestantischen Gläubigen wie die Ameisen den Berg hinab in den Wald.

»So in etwa muss es früher gewesen sein, als sich evangelische Christen zumeist sonntags hier oben heimlich zum Gottesdienst trafen«, erzählt Heinz Prugger, der die Kletterpartie zum Predigtstuhl heute begleitet, wo ein Gebetskreuz an die Gegenreformation von 1599 bis 1781 erinnert. Der Ramsauer ist evangelisch, so wie die Mehrheit der Ein...


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