Eine kleine Opferette

Vor fünf Jahren erschien Günter Grass’ Gedicht »Was gesagt werden muss«. Wer es vergessen will, sollte sich erinnern. Von Felix Bartels

  • Felix Bartels
  • Lesedauer: ca. 12.0 Min.

Im Sommer 1995 wurde Günter Grass eines elend langen Verrisses teilhaftig. Tatort war der »Spiegel«, Ziel sein Roman »Ein weites Feld«. Neben Fragen literarischer Qualität und der Vermutung, dass amateurpolitische Ambitionen dem Dichten eher hinderlich seien, ging es auch um die Situation der Juden vor und nach der neudeutschen Reichseinheit. Die Polemik könnte als Zeugnis des üblichen Kampfes zwischen verschiedenen Formen des platten Unfugs ignoriert werden, hieße ihr Autor nicht Marcel Reich-Ranicki und wäre sie nicht das impulsivste Ereignis in der berühmten Streitgeschichte zwischen dem jüdischen Kritiker und dem deutschen Autor. Reich-Ranicki zeigt sich nicht zimperlich, und zwischen all seinen Fehlleistungen dort trifft das meiste, was er über Grass schreibt, empfindlich ins Zentrum dieses sensiblen Autors. Einen Titel hatte die Rezension übrigens auch: »… und es muss gesagt werden«.

Ist es wirklich so einfach? Ist Grassens auffäl...


Wenn Sie ein Abo haben, loggen Sie sich ein:

Mit einem Digital-, Digital-Mini- oder Kombi-Abo haben Sie, neben den anderen Abo-Vorteilen, Zugriff auf alle Artikel seit 1990.

Bitte aktivieren Sie Cookies, um sich einloggen zu können.