Tiefe Elbe macht hohe Welle

Elbausbau in Hamburg noch nicht vom Tisch

  • Andreas Grünwald
  • Lesedauer: 2 Min.
Ohne Ergebnis endete in der vergangenen Woche ein Krisentreffen der Wirtschafts- und Umweltminister aus Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen, bei dem erneut eine von Hamburg gewünschten Vertiefung der Elbfahrrinne um durchschnittlich einen Meter diskutiert wurde.
Einberufen hatte den unter Ausschluss der Öffentlichkeit tagenden Gipfel Hamburgs Wirtschaftssenator Gunnar Ulldal (CDU). Er will mit der Fahrrinnenanpassung bereits in diesem Jahr starten, denn nur dann könnten auch Containerschiffe der neuen Generation mit einer Tonnage von bis zu 12 000 Standardcontainern und einem Tiefgang von 14,50 Metern den Hamburger Hafen ab 2009 erreichen. Die Kosten für das Projekt, bei dem 38 Millionen Kubikmeter Sand zu bewegen sind, liegen bei 330 Millionen Euro, etwa zwei Drittel will der Bund übernehmen. Doch was Uldall ein »Zukunftsprojekt« nennt, verursacht bei Bewohnern der Elbmarsch bis hinauf nach Cuxhaven nur Angst. Durch die größere Stromgeschwindigkeit des tideabhängigen Flusses, befürchten sie stärkere Verschlickungen in den Seitenarmen der Elbe, vor allem aber erhöhte Sturmflutgefahren. Naturschützer weisen darauf hin, dass neuere Erkenntnisse aus der Klimaforschung, die einen Anstieg des Nordsee-Meeresspiegels von bis zu 60 Zentimeter für die nächsten Jahrzehnte voraussagen, nicht berücksichtigt wurden. Eine weitere Elbvertiefung könnte die Sturmflutwellen noch höher auflaufen lassen. Bestritten wird zudem die ökonomische Notwendigkeit einer Vertiefung. Auch mit Blick auf den neuen Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven fordert etwa der Naturschutzbund Deutschland (NABU) nun ein »gesamtnorddeutsches Küstenkonzept«, das auch die Gefährdung durch die Klimaänderungen stärker mit berücksichtigt. Uldall treibt hingegen zur Eile, denn im Hamburger Hafen soll sich die Umschlagskapazität von 8,6 auf 18 Millionen Standardcontainer bis 2010 erweitern. Das aber macht nur Sinn, wenn sich die Großreeder nicht für Rotterdam oder Antwerpen, sondern für Hamburg als neuen Anlaufpunkt für ihre Containerriesen entscheiden. Den Befürchtungen aus der Elbmarsch, allein auf den Folgekosten - etwa bei der Deichsicherung - sitzen zu bleiben, kommt der Senator deshalb jetzt mit einem Ausgleichsfonds entgegen, in den die Stadt bereits fünf Millionen Euro eingezahlt hat. Das reicht nicht einmal, um die Verschlickungen in den Seitenarmen der Elbe wieder zu beseitigen. Niedersachsens Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) erklärte deshalb schon kurz nach dem Treffen, seine Zustimmung zu dem Vorhaben nicht zu geben. Zunächst müssten die Schäden bereits vollzogener Elbvertiefungen behoben und weitere Folgekosten, wie etwa bei der Deichunterhaltung, abgeschätzt werden. Noch kompromissloser zeigt sich der NABU, der Klagen ankündigt. Protest kommt inzwischen auch von den Obstbauern im Alten Land, die sich jetzt mit Vereinen und Verbänden zu einem Bündnis zusammengeschlossen haben. Und ähnliche Konflikte deuten sich für Bremen und Bremerhaven an, wo ebenfalls die Fahrrinne der Weser für rund 50 Millionen Euro um etwa einen Meter vertieft werden soll.
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