Der doppelte Trick mit den Tornados

Afghanistan: Ausgehebeltes Parlamentsmandat und eigene Air Base für die Bundeswehr

Wer - wen? Die Frage steht in Afghanistan an. Taliban und die »Enduring-Freedom«-Koalition kündigen Siege in ihren Frühjahrsoffensiven an. Dass der Krieg länger dauert, als beide Seiten ertragen können, zeigt sich im scheinbar ruhigen, deutsch verwalteten Masar i Sharif.

Wenn man Deutschland in Afghanistan auch keine überragenden militärischen Fähigkeiten bescheinigen muss - diplomatisch sind Bundesregierung und oberste Militärs durchaus clever. Bislang. Auf der NATO-Tagung in Riga fühlten sich Bundeswehrgenerale schon so, als würde man sie für »Etappenhengste« oder allenfalls für »Zahlmeister« der kämpfenden Truppe halten. Während sich die USA, die Kanadier und auch die niederländischen Verbündeten im Süden Afghanistans opferreiche Kämpfe mit den wiedererstarkenden Taliban »leisteten«, bauten Deutsche im Norden zivile Strukturen auf, schwatzten freundlich mit den örtlichen Warlords und störten deren Drogenanbaugebiete nicht. Dieses - zumindest im Sinn von Bodycountning (Totenzählung) - Ungleichgewicht brachte den Deutschen viel Kritik ein. Auf die sie clever reagierten. Man versprach, abermals die geheim operierende KSK-Elite in den Süden zu entsenden, provozierte eine NATO-Anfrage nach Tornado-Aufklärungsjets, beantwortete sie positiv. Den Kanadiern bot man zwar keine Soldaten an, überzeugte sie dennoch von den überragenden Schützfähigkeiten der jüngsten deutschen Leopard-Modifikationen. Die A6M-Modelle sind speziell gegen Minen ausgerüstet. Obwohl die Bundeswehr selbst nicht viele dieser Panzer besitzt, ist die Berliner Regierung gerne bereit, den kanadischen Verbündeten mit dem Spitzenmodell deutscher Rüstungsindustrie auszuhelfen. Solange keine deutschen Soldaten in den Stahlsärgen sitzen müssen ... Noch cleverer agierten Regierungsstellen bei der geplanten Entsendung von Tornados nach Afghanistan. Zur Verwunderung der Opposition besteht die Merkel-Regierung auf einem neuen Mandat für den Einsatz. Was zunächst wie ein Einbinden des Parlaments ausschaut, ist in Wirklichkeit das Aufstocken des deutschen Truppenverbandes in Afghanistan. Da man mit derzeit fast 3000 Mann die vom Bundestag bestätigte Obergrenze ausgeschöpft hat, serviert man den Parlamentariern nun - quasi auf deren Wunsch - ein zweites Afghanistan-Mandat. Und stockt so die Truppenstärke um weitere 500 Mann auf. Das ist der erste Trick, der, von der Öffentlichkeit bislang kaum bemerkt, gelingen wird. Der zweite ist der Stationierungsort der Tornados: Masar i Sharif. Das ist der derzeitige Einsatzschwerpunkt der Bundeswehr im Norden Afghanistans. Er hat einen Nachteil. Der Flugplatz taugt eigentlich nicht für die Hightech-Jets vom Aufklärungsgeschwader »Immelmann«. Er ist weitgehend zerstört, die Start- und Landebahn zu kurz ... Alternativen? In Kabul können die deutschen Jets nicht agieren, auf dem Flugplatz haben die Zivilflieger - nach endlosem Gezerre mit den Militärs - Bewegungsfreiheit gewonnen. Bagram? Hier regieren die USA, von hier starten pausenlos Jagdbomber, um die Verluste der Bodentruppen in Grenzen zu halten. Und so hat die Bundeswehr mit ihrem zivil-militärischen Wiederaufbauprogramm in aller Stille den Airport von Masar i Sharif instand gesetzt, die Landebahn verlängert und Tornado-Fänger eingebaut. Höchste deutsche Luftwaffen-Generale sprechen bereits davon, dass Deutschland so seine eigene Airbase in Afghanistan bekommt. Unter eigenem Kommando, mit eigener Infrastruktur. So etwas hat es bislang bei keinem AuslandsEinsatz gegeben. Demnächst, so ist zu hören, wird auch der gesamte Nachschub über Masar i Sharif abgewickelt. Sogar die russisch-ukrainischen Antonows könnten landen u...

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