Windpark schützt vor Flaute nicht

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Windparkbetreiber Prokon, der vor drei Jahren mit einer spektakulären Pleite Schlagzeilen machte, steckt wieder in den roten Zahlen. Dabei fing das Leben nach der Pleite so gut an. Für das erste Rumpfgeschäftsjahr meldete der neue Vorstand einen Gewinn von 1,6 Millionen Euro, ein Aufbruchsignal für die Mitglieder der neuen Genossenschaft. Vor der Insolvenz hatten 75 000 überwiegend umweltengagierte Anleger 1,4 Milliarden Euro in Prokon investiert. Sie haben einen Großteil ihres Einsatzes verloren.

1995 war das »grüne« Unternehmen vom charismatischen Carsten Rodbertus in Itzehoe (Schleswig-Holstein) gegründet worden. Sein System versprach durch sogenannte Genussscheine hohe Renditen. Fachleute hielten diese aber für unrealistisch. Rodbertus konnte seine vollmundigen Versprechen tatsächlich nicht erfüllen, und Prokon geriet in Schieflage. Vordergründig, weil zu viele Anleger gleichzeitig ihr Geld zurückziehen wollten und nicht genügend neue Anleger investierten. Als eigentliche Gründe nennen Beobachter aber eine laxe Bilanzbuchhaltung im Konzern, der Windmühlen unter anderem auch in Sachsen-Anhalt und Polen betrieb. Ausschlaggebend für das Ende waren dann aber wohl teure Fehlinvestitionen. Das anschließende Insolvenzverfahren war eines der größten in der bundesdeutschen Wirtschaftsgeschichte - das mit der Sanierung des Unternehmens endete.

Die neue Prokon-Genossenschaft entstand nach heftigen Streitigkeiten unter abertausenden Gläubigern im Juli 2015. »Prokon Regenerative Energien eG« heißt nun das Nachfolgeunternehmen der insolventen Kapitalgesellschaft. Heute hat Prokon 39 000 Mitglieder und ist damit Deutschlands größte Energiegenossenschaft, betreibt Dutzende Windparks mit insgesamt 299 Anlagen und beliefert bundesweit Zehntausende Endkunden mit Strom. Zahlreiche weitere Projekte befinden sich laut eines Firmensprechers »in verschiedenen Phasen« der Planung und Realisierung. Verlautbarungen, die Kritiker an Rodbertus erinnern.

In seinen Anfängen war Prokon als Projektierungsbüro für Onshore-Windenergie gegründet worden. Heute zählen auch die Entwicklung und Realisierung von Windparks an Land sowie deren anschließende technische und kaufmännische Betriebsführung zu den »Kernkompetenzen«.

Vor der Mitgliederversammlung am Donnerstag in Neumünster hat der Prokon-Vorstand den Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2016 aufgestellt. Er weist einen überraschend hohen Verlust von 75,8 Millionen Euro aus. Besorgniserregend angesichts eines Umsatzes von knapp 100 Millionen Euro. Durch den Verlust sei die Liquidität des Unternehmens allerdings nicht gefährdet, heißt es in der Mitteilung Prokons.

Als Hauptgründe für diese Entwicklung werden unterdurchschnittliche Erträge infolge des schlechtesten Windjahrs der letzten 20 Jahre sowie außerplanmäßige Abschreibungen auf Anlagen in Finnland und Polen genannt. Insbesondere die »deutlich verschlechterten politischen Rahmenbedingungen« für erneuerbare Energien in Polen haben sich laut der Mitteilung des Unternehmens negativ ausgewirkt. Für das Jahr 2017 erwartet der Vorstand dennoch einen positiven Jahresüberschuss im einstelligen Millionenbereich - vor Steuern. Optimismus klingt aber anders.

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