Volksbegehren haben Konjunktur: Nach Dutschkestraße und Flughafen Tempelhof werden jetzt auch in Sachen Museumsinsel Unterschriften gesammelt. »Rettet die Museumsinsel!« heißt der Schlachtruf, mit dem Annette Ahme und ihre Heinrich-Zille-Gesellschaft in den Kampf gegen den geplanten Neubau des zentralen Eingangsgebäudes ziehen. Donnerstagabend war Start der Aktion, für die sich die Initiatoren der prominenten Unterstützung u.a. von Günther Jauch, Lea Rosh sowie der Ex-Senatoren Hanna-Renate Laurien und Jürgen Klemann versichert haben.
Das neue Eingangsgebäude, das der Stararchitekt David Chipperfield plant, soll zwischen Kupfergraben und Neuem Museum und damit auf jenem Areal errichtet werden, auf dem einst Schinkels berühmter »Packhof« stand. Mit Restaurant, Museumsshop, Garderoben und Sonderausstellungsflächen ausgestattet, soll es künftig die Besucherströme auf die einzelnen Museen besser verteilen helfen. Deshalb wird man von hier aus auch die geplante »archäologischen Promenade« erreichen, die künftig die einzelnen Häuser unterirdisch verbinden soll.
Die Gegner des Neubaus laufen vor allem gegen seine moderne Form aus ineinander verschachtelten Quadern aus Stahl und Glas Sturm. Er mache »den letzten Rest des historischen Berlins kaputt«, klagt Ahme und fürchtet um die freie Sicht auf die Museumsbauten. »Ein neues Gebäude an diesem Ort wird für immer den Blick auf unsere Museumsinsel verstellen.« Nach dem »frappierenden Erfolg des Bodemuseums« will sie ihre Mitstreiter nun darauf einschwören, für eine »Original-Museumsinsel« zu streiten. Um das Volksbegehren einzuleiten, muss sie binnen sechs Monaten 20 000 Unterschriften zusammenbekommen. Über die Erfolgsaussichten macht man sich offenbar keine Illusionen, aber wenigstens soll so viel Aufsehen erzeugt werden, dass das Vorhaben zumindest bis Ende der Sanierungsarbeiten auf der Museumsinsel 2015 vertagt wird.
Ursprünglich war der Neubau auch erst für diese Zeit geplant. Doch als der Bund im vergangenen Jahr überraschend 73 Millionen Euro für das Projekt bewilligte, kam Bewegung in die Sache. Mit einem Baubeginn rechnet die Stiftung Preußischer Kulturbesitz jetzt frühestens für 2009, Fertigstellung könnte dann 2012 sein. Weil die Pläne des Londoner Architekten, der 2001 einen Entwurf zur Gestaltung des Eingangsgebäudes vorlegte, so lange auf Eis lagen, werden sie jetzt überarbeitet. Damit soll auch auf die Mahnung der UNESCO-Denkmalpfleger vom vergangenen Jahr, die »visuelle Integrität« der Insel zu bewahren, reagiert werden.
Bei der Stiftung Preußischer Kulturbesitz zeigt man sich deshalb gelassen. Der Welterbe-Status der Insel sei nicht in Gefahr, sagt Sprecherin Stefanie Heinlein. Das Gebäude werde sich in das historische Ensemble des UNESCO-Weltkulturerbes Museumsinsel ästhetisch einfügen und sich dabei einer unserer Zeit gemäßen Formensprache bedienen. Eine historisierende Bauweise, wie sie die Zille-Gesellschaft fordert, hat somit bei der Stiftung keine Chance. Heinlein verweist darauf, dass der Errichtung eines modernen Neubaus alle Gremien, einschließlich der Denkmalbehörden, zugestimmt haben. Wie der genau aussehen könnte, werde man erst in etwa einem Jahr wissen.