Die rollende Sparkasse

  • Anna Ringle
  • Lesedauer: 3 Min.

Nico Bandick hat wohl einen der ungewöhnlichsten Arbeitsplätze, die ein Bankkaufmann in Deutschland haben kann. Der Sparkassenmitarbeiter sitzt in Anzug und Krawatte hinter einem Schalter - in einem Bus. Mit dem fährt er durch Ortschaften in Brandenburg südlich von Berlin. Dort gibt es keine Bankfilialen. Der knallrote, gepanzerte Bus fällt auf. In den Vorgärten winken die Bewohner dem 29-jährigen Bankkaufmann zu. »Es macht Spaß, die Kunden werden nach einer gewissen Zeit offener«, erzählt Bandick. Eine seiner vielen Stationen ist ein zentraler Platz in Fürstlich Drehna. Einmal die Woche hält der Bus dort für mehrere Stunden. Von außen erinnert die rollende Bank an einen Linienbus, hinten ist der Einstieg. Es gibt einen Schalter mit Glasscheibe und in Regalen Informationsmaterial.

Nach kurzer Zeit kommen die ersten Kunden. »Tachchen«, ruft ein älterer Herr, stellt sein Fahrrad ab und steigt ein. Er ist wie viele andere Kunden sehr leger gekleidet. »Wie immer«, sagt er zu Bandick und schließt eine Tür hinter sich, die den Schalterbereich von Sitzgelegenheiten im hinteren Teil des Busses trennt. Diskretion gibt es auch hier. Vor allem Ältere kommen und holen Bargeld ab. In dem Bus, den es schon viele Jahre in gibt, können kleinere Geldbeträge abgehoben werden. Für aufwendigere Bankgeschäfte verweist Bandick die Kunden dann doch an seine Kollegen in den Geschäftsstellen.

»Wenn der Bus nicht wäre, hätten wir ein richtiges Problem«, sagt eine Frau. Die nächste Filiale ihrer Sparkasse sei mehr als 20 Kilometer entfernt. »Früher hatten wir hier alles: Fleischer, Bäcker und eine Bank - das ist alles weg.« Eine jüngere Frau steckt Überweisungsträger in einen Briefkastenschlitz im Bus. »Die Internetleitung in meiner Wohnung ist zu schlecht für Online-Überweisungen, ich müsste den Laptop aus dem Fenster halten«, erklärt sie.

Die Mittelbrandenburgische Sparkasse, die zwei solcher Busse betreibt, spricht von einem Kompromiss. Man wolle einerseits die Kunden flächendeckend versorgen, andererseits müsse man auf den demografischen Wandel und das veränderte Kundenverhalten mit Online-Banking reagieren. »Wir können nicht in jedem Ort mit einer Geschäftsstelle sein«, sagt Sprecher Robert Heiduck.

Seit Jahren sinkt in Deutschland die Zahl der Bankfilialen - Ende 2016 waren es noch 32 026 und damit 2019 weniger als im Jahr zuvor. Die Bundesbank führt das auf den hohen Wettbewerbsdruck und das aktuelle Niedrigzinsumfeld zurück.

Die VR Bank Südpfalz in Rheinland-Pfalz betreibt in einigen Orten zwar weiterhin Zweigstellen, führte dort aber eine Serviceberatung per Videoschaltung für Kunden ein. Die Mitarbeiter können so mehrere Filialen gleichzeitig betreuen. In Bayern können Kunden bei einigen Sparkassen einen Bargeld-Bringservice nutzen, der nach Hause kommt. dpa

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