Trumps Kommunikationschef Scaramucci gefeuert

Chefkommunikator des US-Präsidenten hielt nur 10 Tage durch / Unflätiges Vokabular des ehemaligen Goldman Sachs-Bankers offenbar der Grund

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Washington. Im Weißen Haus gebe es kein Chaos, versicherte Donald Trump zum Start in die Woche auf Twitter. Doch nur wenige Stunden später gab das Weiße Haus bekannt, dass der neue Kommunikationschef Anthony Scaramucci seinen Job bereits wieder los ist - und verstärkte damit den Eindruck, dass es in der Machtzentrale in Washington drunter und drüber geht. Der frühere Hedgefonds-Manager hatte den Top-Posten erst zehn Tage zuvor angetreten.

Scaramucci wurde laut US-Medien auf Wunsch des neuen Stabschefs John Kelly entlassen. Trump-Sprecherin Sarah Huckabee Sanders sagte, Kelly solle so ermöglicht werden, »von Grund auf« anzufangen und »sein eigenes Team zu bilden«.

Der bisherige Heimatschutzminister und Vier-Sterne-General hat offenbar den Kampfauftrag, für Geschlossenheit und Disziplin in der von Machtkämpfen aufgewühlten Regierungszentrale zu sorgen. Seinen Vorgänger Reince Priebus hielt Trump bei dieser Aufgabe wohl für hoffnungslos überfordert.

Scaramuccis kurzes Intermezzo auf dem Posten des Kommunikationschefs wird in Erinnerung bleiben. In den wenigen Tagen betrieb der New Yorker Finanzinvestor mit Verve - und offenbar dem Segen des Präsidenten - die Demontage von Priebus, der dann auch das Handtuch warf.

Allerdings brachte sich Scaramucci zugleich selber in die Bredouille, weil er seine ganze Wut auf Priebus wie auch Trumps Chefstrategen Steve Bannon in unflätigstem Vokabular in einem Telefonat mit einem Journalisten kundtat.

Zum Amtsantritt hatte Scaramucci sich in Liebeserklärungen ergangen - an den Präsidenten wie auch den gesamten Stab des Weißen Hauses: »Ich liebe das Team«, flötete der 53-Jährige.

Dass seine Liebe zu den neuen Kollegen doch nicht ganz so umfassend war, wurde dann wenige Tage später deutlich. In seinem Telefonat mit einem Reporter des Magazins »New Yorker« - das laut Scaramuccis Darstellung eigentlich vertraulich bleiben sollte - schmähte er Priebus als »verdammten paranoiden Schizophrenen«.

Und Bannon schalt der neue Kommunikationschef in vulgären Worten der Selbstverliebtheit: Der Chefstratege versuche, seinen »eigenen Schwanz zu lutschen«. Mit der Aufräumarbeit, die ihm Trump aufgetragen hatte, hatte es Scaramucci damit offensichtlich übertrieben. Der Präsident halte den von Scaramucci gewählten Jargon für »eine Person in dieser Position für unangemessen«, ließ Präsidenten-Sprecherin Huckabee Sanders wissen.

Die Personalie Scaramucchi ist – sieht man von der noch von Obama ernannten Generalstaatsanwältin Sally Yates ab, die ebenfalls nach 10 Tagen gefeuert wurde – die nicht die erste, aber die schnellste Rolle rückwärts von US-Präsident Trump. Seit seinem Amtsantritt hat dieser 16 seiner Topbeamten oder Mitarbeiter gefeuert, oder diese sind zurückgetreten. In den sozialen Medien sorgte die Entscheidung Trumps für zahlreiche ironische Kommentare.

Dem ebenso leutseligen wie rüpelhaften New Yorker Scaramucci half auch nicht, dass er sich schon in den Monaten vor seiner Berufung ins Weiße Haus leidenschaftlich für Trump in die Bresche geworfen hatte, vor allem als Fernsehkommentator. Der Präsident hat offenbar nicht vergessen, dass Scaramucci seine Liebe zu ihm erst recht spät entdeckt hatte. In der Frühphase des Präsidentschaftsrennens hatte der Finanzinvestor noch andere Republikaner unterstützt und Trump als politischen Opportunisten und Rüpel bezeichnet.

Scaramucci hat sich aus einfachen Verhältnissen hochgearbeitet. Er wuchs in einer italienischstämmigen Arbeiterfamilie in Long Island im Bundesstaat New York auf, absolvierte ein Jura-Studium an der Eliteschmiede Harvard und arbeitete dann - wie auch andere Mitglieder der Trump-Regierung - für die Investmentbank Goldman Sachs, bevor er sich selbstständig machte.

Parallel engagierte sich Scaramucci politisch - und dies mit großer Wendigkeit. 2008 trieb er Wahlkampfspenden für den späteren Präsidenten Barack Obama ein, vier Jahre danach arbeitete er für dessen republikanischen Rivalen Mitt Romney.

Seine politische Geschmeidigkeit stellte Scaramucci dann auch bei seinem ersten Auftritt im Weißen Haus unter Beweis, als er seine vormalige harsche Kritik an Trump als »einen seiner größten Fehler« bezeichnete.

Weitere große Fehler in den Tagen danach führten dann dazu, dass Scaramucci trotz aller Liebesbekundungen den Posten an der Seite seines Idols rasch wieder verlor. AFP/nd

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