Finanziell wird es eng für das Land

Minister Christian Görke ist kein Freund von Steuersenkungen

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.

Die aktuell günstige Finanzsituation darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass schwierige Zeiten ins Haus stehen. Darüber informierte Finanzminister Christian Görke (LINKE) am Montagabend vor dem brandenburgischen Wirtschaftsforum in Potsdam. Das vergangene Haushaltsjahr habe mit Steuermehreinnahmen in Höhe von 360 Millionen Euro abgeschlossen werden können. 180 Millionen davon sollen für die Tilgung der Schulden des Landes in Höhe von derzeit rund 18 Milliarden Euro verwendet werden und weitere 180 Millionen sollen als Rückstellung in Reserve bleiben.

»Wir wissen nicht, was kommt.« Als finanziell günstig erweist sich laut Görke, dass inzwischen weniger Flüchtlinge ankommen als erwartet. Brandenburg habe für die Flüchtlinge eine halbe Milliarde Euro vorgesehen, rund 104 Millionen davon mussten nicht ausgegeben werden, denn »Gott sei Dank, sind weniger Menschen zu uns gekommen, die Hilfe brauchen.« Zwar sind die Steuereinnahmen des Landes seit 2011 praktisch immer gestiegen, und inzwischen deckt das Land 67 Prozent seiner Ausgaben durch eigene Einnahmen. Damit liege Brandenburg über dem 64-Prozent-Wert des »Musterschülers« Sachsen, bemerkte der Minister stolz. Doch ist diese Steuerdeckungsquote innerhalb der vergangenen drei Jahre auch nicht mehr gewachsen. Das Ziel bleibe, Brandenburg auf eigene Füße zu stellen, von 100 Prozent sei man allerdings noch weit entfernt, führte Görke aus.

Mit der Entscheidung, die Grunderwerbssteuer auf 6,5 Prozent anzuheben, »sind wir auch an der Oberkante«, sagte er in das Murren der Unternehmer hinein. Die zusätzlichen Steuereinnahmen dienen Görke zufolge zur Kompensation von Einnahmeausfällen und sind auch unter dem Aspekt zu sehen, dass »sich der Kapitalismus zyklisch entwickelt«. Eine Garantie, dass es mit den Mehreinnahmen immer so weitergehen werde, die gebe es nicht.

Garantiert sei aber, dass die Ausgaben für Beamtenpensionen von 200 Millionen Euro auf 800 Millionen ansteigen werden. Brandenburg werde zwischen 2014 und 2020 noch einmal 2,3 Milliarden Euro von der Europäischen Union erhalten. Was danach kommt, und vor allem, wie der Austritt Großbritannien sich auswirken werde, sei völlig ungewiss. »Ich sage Ihnen, es wird eng.« Stark verringert hätten sich auch die Einnahmen aus dem Solidarpakt.

Beachtet werden müsse, dass die Bevölkerung älter werde. Derzeit seien 23 Prozent der Einwohner Rentner, in 20 Jahren werden es über 40 Prozent sein. Mit Blick auf die geringe Höhe der Altersbezüge sagte Görke: »Wenn die Rente die dominierende Einkommensform in Brandenburg ist, dann haben der Finanzminister, aber auch die Kämmerer in den Kommunen ein Problem.«

Die Forderung nach Steuersenkungen sehe er kritisch. Solche Steuersenkungen würden die Einnahmen der Länder und Kommunen schmälern. Görke rühmte die seiner Meinung nach herausragende Finanzierung der Kommunen durch das Land in Höhe von 32 Prozent des Landeshaushalts. »Kein Land gibt mehr.« Doch werden in absehbarer Zeit 45 Prozent der Brandenburger auf den zehn Prozent Landesfläche rund um Berlin leben. Es bestehe die Gefahr, dass Brandenburg ein »Land der zwei Geschwindigkeiten« wird, meinte Görke. Mit der geplanten Kommunalreform bemühe sich die rot-rote Landesregierung, auf diese Aussichten rechtzeitig zu reagieren. Natürlich könne man - wie Thüringen - die Kreisreform verschieben und die notwendigen Entscheidungen von der Tagesordnung nehmen. Doch: »Die Enkel werden es nicht danken.«

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