Die Weissagung des Michael Young

Franz Walter über die fatalen Ambivalenzen des Projekts der sozialdemokratischen Chancengesellschaft

Utopien sind out, heißt es weithin. Doch eine Utopie hält sich seit Jahren: die Leitvorstelllung von der Leistungsgerechtigkeit. Das war gewiss auch in der klassischen Arbeiterbewegung ein wichtiges Alltagsmotiv derjenigen, die in der abhängigen Erwerbsarbeit einer verkrusteten Klassengesellschaft standen, aber nach anderen Verhältnissen strebten, in der nicht mehr die Geburtsprivilegien von Adel oder Besitz- und Bildungsbürgertum den Ausschlag für die gesellschaftlichen Positionen gaben.

Die Leistungsgerechtigkeit tauchte allerdings nicht in den programmatischen Dokumenten des traditionellen Sozialismus auf, da es seinerzeit doch bei den einen um die »Diktatur des Proletariats«, bei den anderen um die politische Herrschaft, später um dem demokratisch anzustrebenden dominanten Einfluss der Arbeiterklasse oder des »Volkes« im republikanisch-parlamentarischen Staat ging.

Im sozialreformistischen Teil der europäischen Linken ger...


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