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Auch wer zu früh kommt, ...

Schach mit Carlos Garcia Hernández

  • Carlos Garcia Hernández
  • Lesedauer: 2 Min.

Es gibt zwei deutsche Schachbegriffe, die in fast alle anderen Sprachen der Welt übernommen worden sind. Das ist zum einen der Zugzwang und zum anderen die Allumwandlung.

Der erste Begriff ist gut bekannt. Ein Spieler gerät in Zugzwang, wenn sein Gegner einen Zug tut, nach welchem der betreffende Spieler lieber nicht am Zug sein würde, weil jeder mögliche Zug seine aktuelle Stellung verschlechtert.

Der zweite Germanismus ist weit weniger bekannt, eigentlich kennen ihn wohl nur Spezialisten, denn bei der Allumwandlung handelt es sich um eine bestimmte Art von Schachkomposition. Dabei geht es um eine Stellung, in der der ziehende Spieler einen oder mehrere Bauern in alle möglichen Figuren umwandelt, also Dame, Turm, Läufer und Springer. Dabei aber - und das ist das Besondere bei der »echten« Allumwandlung - hat die Art der Umwandlung (also in welche Figur) immer Auswirkung auf den Lösungsweg.

Dafür stellen wir heute zwei Beispiele vor. In beiden ist Weiß am Zug und gewinnt in 3 Zügen. Das erste Diagramm ist das allererste korrekte Beispiel für eine Allumwandlung, das veröffentlicht wurde, nämlich 1905 in Nordisk Skakforbund. Autor war der Däne Niels Høeg (1876 - 1951). Er habe, heißt es, zwölf Jahre immer wieder daran gefeilt, ehe er die fehlerfreie Stellung hatte.

Die zweite Aufgabe stammt vom US-Amerikaner William Anthony Shinkman (1847 - 1933). Sie war bereits 1883 in der Detroit Free Press erschienen, also 22 Jahre vor der oben genannten Høeg-Veröffentlichung. Allerdings war sie gar nicht als »echte« Allumwandlung konzipiert gewesen. Doch sie erfüllte, wie Analysen erst Jahre später ergaben, tatsächlich schon alle Voraussetzungen, wie sie - siehe oben - per Definition gefordert sind. Was uns lehrt, dass nicht nur, wer zu spät kommt, vom Leben bestraft wird, sondern mitunter auch der, der zu früh gekommen war. Bei uns aber seien beide Schachkomponisten gleichrangig gewürdigt.

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