800 Menschen in Dortmund geräumt

Gebäude hat »eklatante Brandschutzmängel« - Fluchtwege fehlen / Mieterbeschwerden über Immobilienfirma »Intown«

  • Sebastian Weiermann
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Stadt Dortmund hat am Donnerstagabend 800 Menschen aus einem Hochhauskomplex evakuiert. Nach Hinweisen hatte die Stadt eine Begehung durchgeführt und »eklatante Brandschutzmängel« festgestellt. Vom gleichen Eigentümer wurde vor drei Monaten schon ein Haus geräumt.

Das Gebäude mit dem Namen »Hannibal« im Dortmunder Stadtteil Dorstfeld ist bekannt, auch weil es noch einen Zwillingsbau in der Nordstadt gibt und weil beide Hochhauskomplexe sehr groß sind. Auf 16 Etagen verteilen sich etwa 400 Wohnungen. Nach Hinweisen von Mietern hatten Feuerwehr und Bauamt am Dienstag eine Begehung des Gebäudes durchgeführt, dabei seien eklatante Brandschutzmängel aufgefallen.

Das Parkdeck unter dem eigentlichen Gebäude und die Keller seien nicht baulich voneinander getrennt und Schächte würden durch das ganze Haus verlaufen. Bei Gesprächen am Mittwoch habe sich die Stadt entschieden das Gebäude zu evakuieren. Ludger Wilde, Baudezernent und Leiter des eingerichteten Krisenstabes spricht sogar von »akuter Gefahr für Leib und Leben«. Nicht der Brand im Londoner Grenfell Tower, bei dem 80 Menschen starben, dürfte ausschlaggebend für diese Entscheidung gewesen sein, sondern ein Brand im zweiten »Hannibal«. Dort war vor einem Jahr ein Auto in der Tiefgarage in Flammen aufgegangen. Viel ist dort nicht passiert, denn Garage und Gebäude waren baulich voneinander getrennt.

Im Dorstfelder »Hannibal« muss die Firma Intown irgendwann seit der letzten routinemäßigen Brandschutzbegehung Baumaßnahmen durchgeführt haben, bei denen diese Trennung entfernt wurde. Genehmigt wurden die Baumaßnahmen nicht, wie die Stadt Dortmund in einer Pressemitteilung schreibt. Außerdem sollen Fluchtwege im Gebäude fehlen.

Schon seit Jahren beschweren sich Anwohner und der Dortmunder Mieterverein über den Zustand des Gebäudes. Ob Aufzüge funktionieren oder nicht ist eine Glückssache, allgemein gibt es einen starken Modernisierungsstau. Ungewöhnlich für das Unternehmen Intown ist das nicht. Bundesweit gibt es Beschwerden über verschiedene Immobilien. Ein Hochhaus in Wuppertal, dass auch Intown gehört wurde im Juni evakuiert. Auch dort war der Grund Brandschutz. Ähnlich wie in London war die Fassade mit brennbarem Deckmaterial verkleidet. In Wuppertal wurde inzwischen die Fassadenverkleidung entfernt. 34 der 47 Wohnungen sind wieder bewohnt. Die Arbeiten an einer neuen Verkleidung haben noch nicht begonnen. Um das Gebäude steht ein Gerüst.

Auch in Dortmund scheint die Stadt nicht unbedingt positive Erfahrungen mit Intown zu machen. Ein Beschäftigter sei bei der Begehung dabei gewesen, wie das Unternehmen die Evakuierung bewertet wisse die Stadt nicht. Eins sei jedoch klar, erklärt Ludger Wilde, die Kosten wird die Stadt Intown in Rechnung stellen. Jetzt handelte die Stadt allerdings erstmal zügig.

Am Donnerstagabend wurden die Bewohner in ein Sportzentrum evakuiert. Dort sollen sie erstmal bleiben. Mehrere Stunden lang fuhr ein Bus nach dem anderen von dem evakuierten Gebäude weg. Für 120 Anwohner konnten schon am Freitag Wohnungen gefunden werden. Viele Menschen werden sich wohl erstmal mit Sammel- und Notunterkünften abfinden müssen. Eine schnelle Lösung ist nicht in Sicht. Die Baumaßnahmen, die getroffen werden müssten, sind nach Ansicht der Bauaufsicht umfangreich und könnten mehrere Monate in Anspruch nehmen. Und durchführen müsste Intown sie ja auch noch.

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