Das Kreisrund auf dem Kreuz

Lexikon der Bewegunssprache

  • Lesedauer: 1 Min.
In der Biologie kannte man es schon lange. Als politisches Symbol entsprang das Kreisrund auf dem Kreuz der sogenannten zweiten Frauenbewegung, welche wiederum ihren Ursprung in der 68er Studentenbewegung hatte, in der Frauen zwar als Mitstreiterinnen gern gesehen, in welchselbiger Fragen der Machtverteilung zwischen den Geschlechtern aber zum Nebenwiderspruch degradiert wurden. Die Damen malten fortan das Symbol, auch Venuszeichen genannt, auf Fahnen, Transparente und T-Shirts - mal kampfeslustig mit Faust, mal mit Taube für den Weltfrieden. Sie verbanden damit Kraft, Unabhängigkeit und Selbstbestimmung. Die mythologische oder astrologische Bedeutung - im Kreis sehen Anthropolog_innen den Spiegel der römischen Liebesgöttin Venus, das Symbol steht auch für den gleichnamigen Planeten - mag die meisten Feministinnen wenig gekümmert haben. Frauen und Lesben, denen das Symbol auch mit Faust noch zu nett erschien, wählten die Doppelaxt als ihr Insignium. Spätestens in den 90ern wurde vielen Frauen der unverdrossene Bezug auf das Venuszeichen vermiest, als postmoderne Philosophinnen die Kategorie »Frau« als sinnvolle politische Identität in Frage stellten, sozusagen die Venus zertrümmerten und ihre Einzelteile in einem vielgestirnigen Firmament verschiedener Weiblichkeiten - darunter Transgender oder Bisexuelle - die obendrein alle noch jeweils unterschiedliche Zugänge zu Macht und Ressourcen haben, neu anordneten. ker
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