Voll abgefahren

Plusbusse auf dem Lande verkehren stündlich und gewinnen so zusätzliche Fahrgäste

Es ist sehr kalt an diesem Morgen am Potsdamer Hauptbahnhof. Das Thermometer zeigt nur vier Grad über dem Gefrierpunkt. Dazu weht ein eisiger Wind. Da wirken selbst acht Minuten Wartezeit wie eine halbe Ewigkeit. Doch der komfortable Plusbus 580 über Lehnin nach Bad Belzig kommt pünktlich und ist gut geheizt. Die Fahrgäste steigen ein, genießen die wohlige Wärme und freuen sich, dass sie jetzt schnell und sicher an ihr Ziel gelangen.

Vor fast drei Jahren wertete die Verkehrsgesellschaft Belzig die Routen 580 und 581 zu sogenannten Plusbussen auf. Mittlerweile sind in Potsdam-Mittelmark auch die Linien 582 und 553 Plusbus-Verbindungen, außerdem im Landkreis Ostprignitz-Ruppin die Linien 711 und 764. Mit dem Fahrplanwechsel im Dezember kommen nun im Barnim die Linien 894 (Bernau-Wandlitz) und 896 (Bernau-Biesenthal) hinzu.

Es dauerte ein wenig länger, als der Verkehrsverbund Berlin Brandenburg (VBB) gedacht hatte. Denn im März 2016 hatte VBB-Geschäftsführerin Susanne Henckel erklärt, dass die Aufwertung von Linien zu Plusbus-Verbindungen im Barnim noch für dasselbe Jahr geplant sei. Aber jetzt ist es wirklich so weit.

Bedingung für einen Plusbus ist, dass er mindestens von 6 Uhr bis nach 18 Uhr wenigstens einmal in der Stunde fährt und auch am Wochenende verkehrt, und dass die an Bahnhöfen umsteigenden Fahrgäste auf ihren Anschlusszug nicht länger als 15 Minuten warten müssen. Das Modell ist vom Mitteldeutschen Verkehrsverbund abgeschaut. Es akzeptiert nicht die Abwärtsspirale sinkender Fahrgastzahlen in ländlichen Räumen, die zu Kürzungen im Fahrplan und damit zu erneut sinkenden Fahrgastzahlen führen. Im Gegenteil wird hier einmal ausprobiert, was Verkehrsexperten schon lange geraten hatten: Mehr Verbindungen anbieten und eine Durststrecke überwinden, bis sich die Vorzüge des zuverlässigen Busverkehrs unter den Autofahrern herumgesprochen haben.

»Wir sind auf dem richtigen Weg«, meint VBB-Geschäftsführerin Henckel. »Innerhalb von zwei Jahren hat sich die Zahl der Umsteiger zwischen den Plusbus-Linien und den Bahnen mehr als verdoppelt. Das zeigt, dass die Fahrgäste ein gut verzahntes Angebot gern annehmen und honorieren.« Dies sei auch ein starkes Signal an andere Landkreise, mitzumachen und das Plusbusnetz zu vergrößern.

»Angesichts des Bevölkerungswachstums, aber auch der vielen Diskussionen zum Feinstaub und Umweltschutz müssen wir handeln«, findet Barnim-Landrat Bodo Ihrke (SPD). Neben den O-Bussen in Eberswalde, die Strom für ihren Elektromotor wie Straßenbahnen aus Oberleitungen ziehen, habe der Barnim mit den Plusbussen jetzt ein »zukunftsfähiges Angebot für den ländlichen Raum«.

»Der Plusbus ist eine moderne Antwort auf die Herausforderungen unserer Zeit«, sagt Frank Wruck, Geschäftsführer der Barnimer Busgesellschaft (BBG).

Die BBG wird ab 10. Dezember über die Mindestanforderungen für Plusbusse hinausgehen. Auf der Linie 894 werden die Fahrzeuge zwischen Bernau und Wandlitz teilweise sogar zweimal in der Stunde vorbeikommen, im Stundentakt verkehren sie bis nach 20 Uhr. Infrastrukturministerin Kathrin Schneider (SPD) freut sich, dass der Barnim bald mit an Bord ist. »Im Entwurf für den neuen Landesnahverkehrsplan spielt das Plusbus-Konzept eine wichtige Rolle«, erklärt sie. Die bessere Verknüpfung zwischen Bussen und Bahnen trage dazu bei, »die Mobilität gerade in den ländlichen Gebieten zu erhalten und auszubauen«.

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