Sallgast sieht schwarz

Etliche Dörfer sollen eventuell neuen Braunkohle-Tagebauen weichen

Horno und Haidemühl werden nicht die letzten umgesiedelten Dörfer der Lausitz bleiben. Die Planungen für die Umsiedlung von Schleife laufen auf vollen Touren. Auch Proschim wird der Umzug nicht erspart bleiben. Anfragen, ob neue Tagebaue geplant sind, hatte der Energiekonzern Vattenfall bisher immer so beantwortet, dass Welzow-Süd, Nochten und Reichwalde ausgeweitet werden sollen. Nun wurde eine »Studie zur Fortschreibung der Tagebauentwicklung im Lausitzer Braunkohlenrevier« bekannt. Auftraggeber ist das Potsdamer Wirtschaftsministerium. Kein Gedanke mehr daran, dass die DDR-Bergbauschutzgebiete längst aufgehoben wurden und das aus gutem Grund: Der Region sollte der Übergang zu einer gesunden wirtschaftlichen Entwicklung ermöglicht werden. Die Studie für das Wirtschaftsressort schrieb Professor Tudeshki aus Clausthal. Sie trägt das Datum Oktober 2006 und wurde offiziell im Februar übergeben. Dass die Mitarbeiter so lange dicht hielten, zeugt für die Brisanz des Papiers. Die Fachleute haben die Lagerstätten in zwei Klassen geteilt. Zur Bonität A gehören demnach Jänschwalde-Nord und -Süd, Fürstenwalde, Forst-Hauptfeld, Neupetershain, Klettwitz-Nord, Cottbus-Süd, Bagenz-Ost und -West und Spremberg-Ost. Nur dort reichen die »Lagerstättenvorräte für eine Gesamtbetriebsdauer eines Großkraftwerkes (25 bis 30 Jahre) mit einem jährlichen Braunkohlebedarf von 15 bis 20 Millionen Tonnen«. Außerdem sollen die Lagerstätten durchschnittlich mindestens fünf Meter mächtig sein. In der Lausitz gibt es außerhalb der bestehenden Tagebaue noch drei Milliarden Tonnen Kohlevorräte, die diesen Kriterien entsprechen. Dazu kommt das Feld Fürstenwalde, wo weitere 3,6 Milliarden Tonnen unter der Erde liegen. Wie viele Menschen einmal umgesiedelt werden sollen, bleibt ungewiss. Allgemein betroffen sind nach dem vorliegendem Zahlenmaterial 36 384 in der Lausitz und 27 084 über dem Feld Fürstenwalde. Komplett weg müssten Dörfer wie Poley, Sallgast, Klingmühl, Zürchel, Lieskau, Atterwasch, Dubrau, Sergen, Kathlow, Neupetershain, Lindchen und Papproth. In Sallgast schlug die Nachricht »wie ein Blitz ein«. Bürgermeister Frank Tischer sagt, dass sich die Gemeindevertreter umgehend damit befassen werden. Mit dem Tagebau hatte keiner mehr gerechnet. Die F 60 von Klettwitz-Nord ist Bergbaumuseum und das Restloch saniert. Jürgen Paulisch sieht sein Lebenswerk gefährdet. Er steckte zwei Millionen D-Mark ins Schloss-Hotel des Ortes. Der Kredit ist noch nicht abgezahlt. Olaf Lalk, der Vize-Landrat von Spree-Neiße, bleibt hingegen gelassen. Dass Lausitzer Dörfer auf Kohle stehen, »ist keine Neuigkeit.« Die Arbeitsplätze im Bergbau seien wichtig. »Die Braunkohle ist zwar umstritten, aber für eine zuverlässige Stromversorgung zwingend notwendig.« Die Bundestagsabgeordnete Cornelia Behm (Grüne) hält die Ausweitung des Bergbaus für aberwitzig. »Die Braunkohle ...

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