Krankheit, Hochzeit oder Umzug - wer hat wann Anspruch auf Sonderurlaub?

  • Dr. PETER RAINER
  • Lesedauer: ca. 2.5 Min.

Von einer Bekannten hörte ich, dass in ihrem Institut neben dem Urlaub in bestimmten Fällen, so z.B. bei einer Eheschließung oder beim Wohnungswechsel an den betreffenden Mitarbeiter ein Sonderurlaub gewährt wird. Wo ist das geregelt? Johanna F., Dresden

Ein so genannter »Sonderurlaub« kann sich aus Gesetz, Kollektivvertrag, Betriebsvereinbarung bzw. Einzelvertrag ergeben.

Nach Tarifvertrag oder Gesetz
Oft enthalten Tarifverträge Regelungen über Freistellungen der Arbeitnehmer in speziellen Fällen bei gleichzeitiger Lohnfortzahlung. Diese Festlegungen über einen Sonderurlaub gelten jedoch nur für Arbeitnehmer, deren Betriebe tarifgebunden sind oder in denen die tariflichen Regelungen durch vertragliche Vereinbarungen übernommen wurden.
In allen anderen Fällen kann eine bezahlte Freistellung von der Arbeit nur auf der Grundlage des § 616 BGB gewährt werden. Diese Rechtsnorm bestimmt, dass in den Fällen, in denen der Arbeitnehmer an der Arbeitsleistung verhindert ist, eine angemessene Freistellung durch den Arbeitgeber zu erfolgen hat. Rechtsprechung und Literatur haben hierzu umfangreiche Aussagen getroffen, an denen man sich in den Betrieben orientieren kann.

Wann erfolgt Freistellung?
Eine bezahlte Freistellung kann insbesondere aus folgenden persönlichen oder familiären Gründen erfolgen:
Notwendiger Arztbesuch: Der Hauptfall der persönlichen Arbeitsverhinderung war ursprünglich die Erkrankung des Arbeitnehmers. Die gesetzlich geregelte Lohnfortzahlung im Krankheitsfall hat hier die Anwendung des § 616 BGB verdrängt. Anzuwenden ist § 616 jedoch nach wie vor in den Fällen, in denen zwar keine Arbeitsunfähigkeit vorliegt, ein Arztbesuch aber dringend erforderlich ist und außerhalb der Arbeitszeit nicht erfolgen kann.

Krankheit des Kindes
Bei Krankheiten der Kinder gibt es für Kinder bis zu 12 Jahren spezielle gesetzliche Regelungen (§ 45 SGB V), die über die Freistellungsmöglichkeiten des § 616 BGB hinausgehen. Anzuwenden ist diese Regelung aber für erkrankte Kinder über 12 Jahre. Für die Eltern dieser Kinder ist eine bezahlte Freistellung bis zu fünf Arbeitstagen möglich.
Außerordentliche Familienereignisse: Auf der Grundlage des § 616 BGB kann eine bezahlte Freistellung des Arbeitnehmers bei Hochzeit, Geburt eines Kindes, Goldener Hochzeit der Eltern, Kommunion, Konfirmation oder Jugendweihe der Kinder, bei schweren Erkrankungen naher Familienangehöriger, Todesfällen oder Beerdigungen gewährt werden. Gegebenenfalls kann auch ein Wohnungsumzug einen Freistellungsanspruch begründen.
Wahrnehmung staatsbürgerlicher Pflichten:Die Wahrnehmung amtlicher Termine, wie gerichtlicher, behördlicher oder polizeilicher Vorladungen wird von der Rechtsprechung im Allgemeinen als ein begründeter Verhinderungsgrund angesehen. Keine bezahlte Freistellung erfolgt jedoch für den Besuch gesellschaftlicher Veranstaltungen.

Notwendige Voraussetzungen
Die Arbeitsverhinderung muss durch einen persönlichen Grund ohne Verschulden des Arbeitnehmers (also z. B. nicht durch ein grob fahrlässiges oder unverantwortliches Verhalten) entstanden sein, und eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit in Anspruch nehmen. Wann das der Fall ist, ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu bestimmen.
Die Freistellung wird für die erforderliche Zeit gewährt. Sie wird sich in der Regel auf Stunden oder Tage erstrecken. In der Praxis wird die Länge der Freistellung nicht nur von dem Ereignis, sondern oft auch von der Gesamtdauer des Bestehens des Arbeitsverhältnisses abhängig gemacht.
Ist der Betrieb nicht tarifgebunden, so sollten die Freistellungsfälle und die Dauer der Freistellungszeit für den Arbeitn...

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