Kreuz- und Querfinanzierung

36 Millionen Euro sollen in 80 verschiedene Bauprojekte bei der Bahn fließen

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.

Das Aufrechterhalten von Zugverbindungen im dünn besiedelten Raum ist nur durch aufwändige Kreuz- und Querfinanzierung möglich. Ticketerlöse und die beträchtlichen Summen der Bundesländer, die den Bahnverkehr ja bestellen, reichen nicht aus, um das Netz zu erhalten, wurde am Montag auf einer Pressekonferenz mit Verkehrsministerin Kathrin Schneider (SPD) deutlich. Zusätzliche Zuschüsse der öffentlichen Hand für die Finanzierung von Bahn-Infrastrukturprojekten sind unabdingbar.

Bislang sieht der Landeshaushalt für das laufende Jahr 26 Millionen Euro vor, um die Bahn baulich zu ertüchtigen. Mit dem bevorstehenden Nachtragshaushalt hofft Ministerin Schneider auf zehn Millionen mehr. Insgesamt könnten dann 80 Bauprojekte umgesetzt werden - vom bedeutenden Bahnhofsausbau in Cottbus über die Erneuerung von Haltestellen bis zur Anlage von Übergangspunkten zum Bus oder zum Auto.

Die Strecken werden vom Land als »Paketangebote« ausgeschrieben, wie Ministerin Schneider erläuterte. Kombiniert werden Hauptstrecken, die hohe Einnahmen versprechen, mit solchen Strecken, die höher bezuschusst werden müssen. Es werden attraktive mit weniger attraktiven Strecken finanziell gekoppelt, um durch diese Querfinanzierung den Erhalt des bisherigen Netzes abzusichern.

Insgesamt wachsen die Passagierzahlen im öffentlichen Personennahverkehr in Berlin und Brandenburg so stark an, dass für Investitionen jede Menge Begründungen vorhanden sind, unterstrich Schneider. Aber es gebe eben auch Bahnhöfe, an denen weniger als 150 Menschen pro Tag ein- und aussteigen.

Recht speziell liegen die Dinge im Falle der Deutschen Eisenbahn Service AG, gegründet 1995 als Prignitzer Eisenbahn, die in Brandenburg 160 Kilometer Nebenstrecken betreibt und ostdeutschlandweit 400 Kilometer. Vorstand Ralf Böhme verlieh seiner Freude darüber Ausdruck, dass die drohende Abbestellung der Strecke Kyritz-Meyenburg abgewendet werden konnte und sein Unternehmen beim Infrastruktur- und Finanzierungsprogramm des Bundeslandes nicht vergessen worden ist.

Ohne die beständige öffentliche Förderung würde der Bahnticketpreis »ein Vielfaches« des heute geforderten betragen, bestätigte Böhme. Jüngst habe man das von der Deutschen Bahn aufgegebene Reparaturwerk in Eberswalde übernommen und sei dabei, für das Werk eine Perspektive zu finden. Böhme legte die Kalkulation seines Unternehmens offen, wonach pro Jahr 10 000 Euro für die Instandhaltung eines Kilometers Schienenweg zur Verfügung stehen. Es gelinge auf diese Weise, die Verschlechterung zumindest aufzuhalten und punktuelle Verbesserungen herbeizuführen. Zum Vergleich seien es bei der Deutschen Bahn AG 200 000 Euro pro Bahnkilometer. Dennoch reiche das beim Bahnkonzern nicht, und die Deutsche Bahn habe diverse wenig befahrene Strecken aufgegeben.

Ministerin Schneider schränkte angesichts dieser Berechnungen ein, man dürfe diese »nicht auf die Goldwaage legen«. Die Deutsche Bahn sei mit Großprojekten befasst, die sehr hohe Summen verschlingen. Kürzlich wurde bekannt, dass sich die auf vier Milliarden Euro veranschlagten Kosten für den Umbau des Stuttgarter Hauptbahnhofs (»Stuttgart 21«) verdoppeln werden.

Brandenburg backt an dieser Stelle etwas kleinere Brötchen und finanziert für die Stadt Kyritz eine neue Haltestelle im Norden. Wie Bürgermeisterin Nora Görke sagte, soll der neue Haltepunkt »Am Bürgerpark« heißen. Sie verspreche sich viel davon für die Entwicklung der Stadt, die immerhin in den vergangenen fünf Jahren wieder 200 Einwohner hinzugewonnen habe und nun 9300 Einwohner zählt. Görke hofft auf junge Familien, die nach Kyritz zurückkehren, weil sie in der Nähe der Großeltern leben wollen, aber die Bahnverbindung benötigen, um zur Arbeit nach Berlin zu pendeln. Mit einem günstigen Bahnangebot könne das funktionieren. Wenn nun auch noch mehr Touristen den Weg nach Kyritz und Umgebung finden sollen, müsste allerdings am Wochenende das Angebot besser sein, sagte die Bürgermeisterin.

»80 Vorhaben für besseren Bahnverkehr, für moderne Bahnhöfe und für Barrierefreiheit - das ist eine neue Qualität bei der Förderung der Bahninfrastruktur vor allem im ländlichen Raum«, bemerkte die Landtagsabgeordnete Anita Tack (LINKE). Diese Investitionen seien dringend nötig. Dass die Prignitz einen Schwerpunkt bei der Förderung bilden soll, findet Tack »gut so«.

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