Ärztepfusch: Wenn Beweismittel »verloren« gehen ...

Wenn durch die mangelnde Sorgfalt eines Mediziners wichtige Beweismittel für einen Behandlungsfehler verloren gehen, darf die unklare Beweislage nach Ansicht des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm nicht zu Lasten des Patienten gehen. In einem solchen Fall muss nicht der Patient den Kunstfehler beweisen, sondern die Beweislast könne sich zu Gunsten des Patienten umkehren, entschied das OLG kürzlich im Prozess um den so genannten Essener Brustkrebsskandal (Az.: 3 U 119/ 00). Eine 30-jährige Frau hatte sich in einem Essener Krankenhaus auf Brustkrebs untersuchen lassen. Das Institut eines bekannten Pathologen diagnostizierte in beiden Brüsten Krebs. Innerhalb eines halben Jahres ließ sich die junge Frau beide Brüste amputieren. Als zwei Jahre später die Patientin und ihr Frauenarzt Zweifel an dem Befund bekamen und sie die Gewebeproben zurückforderten, ereignete sich angeblich zunächst ein Einbruch und dann ein Brand in den Institutsräumen. Der Pathologe ließ die in Kartons, Beuteln und Säcken aufbewahrten Proben entsorgen. Anderthalb Jahre später legte er in seinem Institut Feuer und nahm sich das Leben. Zahlreiche weitere Frauen sollen von seinen Fehldiagnosen betroffen sein. Zunächst hatte das Landgericht Essen die Klage der Patientin - sie verlangte 120000 Mark Schmerzensgeld von dem Krankenhaus, einem Chefarzt und dem Nachlassverwalter des Pathologen - zurückgewiesen. Unter anderem argumentierten die Richter, die Frau habe wegen der fehlenden Proben die Fehldiagnose nicht nachweisen können. Das OLG entschied jetzt zugunsten der mittlerweile 37 Jahre alten Klägerin und erhöhte das Schmerzensgeld auf 250000 Mark. Die mangelnde Beweismöglichkeit eines Untersuchungsfehlers gehe nicht zu Lasten der Patientin, hieß es. Verstoße der Arzt gegen die Pflicht, Befunde zu sichern oder zu erheben, müsse es für die Patienten Erleichterungen beim Führen von Beweisen bis zur Umkehr der Beweislast geben. Das gelte auch, wenn der Arzt Befunde nicht ordnungsgemäß aufgehoben habe, weil dann ein grober Behandlungsfehler vorliege. D...

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