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Einfach und schön

Der Liedermacher Bastian Bandt spielt im Kühlspot Social Club

  • Mathias Schulze
  • Lesedauer: 4 Min.

»Genug geprahlt, wir fahr’n nach Osten.« Der Liedermacher Bastian Bandt, Jahrgang 1978 und geboren im brandenburgischen Schwedt, sitzt in einem Leipziger Café. Schnell liegt der Tabak auf dem Tisch, unter dem Hemd die tätowierten Arme, die gelegentlich die Gitarre im Johnny-Cash-Habitus schultern: Das Instrument als Geschoss, die Poesie als Stimme für jene Lebenswege, die im Sande verlaufen. Geschichten vom Schmerz, von der Würde, die man in Niederlagen finden kann. Lieder über den Stolz, der Betrunkene in tiefer Nacht beschützt - wenn ihnen am Tresen einmal recht gegeben wird. Ja, die Gewinner können so schrecklich uninteressant sein.

Bandt, der eingangs erwähnte Song »Osten« erzählt von seinen drei Lebensjahren in Baden-Württemberg, wirkt kernig und sanft, bescheiden und aufrichtig, wie aus der Zeit gefallen. Ihn interessieren all die Coffee to gos, all die Digitalverknüpften herzlich wenig. Bandt erzählt vom Großvater und dessen Arbeitsethos, von Landschaften und Äpfeln, vom Regen und von Erdbeeren. Die Kunst als erdende Macht, die uns eine erhabene Gegenständlichkeit der einfachen Dinge schenkt - oft verfehlen wir sie, so verdrahtet und permanent erreichbar.

Bandts Musik, mittlerweile hat er fünf Alben herausgebracht, kennt keine grellen Livestyle-Farben, sie ist im besten Sinne schlicht und erbaulich. Eine kraftvolle Traurigkeit, eine klare Melancholie. Ein Mann, eine Gitarre, eine Mundharmonika. Das aktuelle Album »Alle Monde«, erschienen bei Raumer-Records, will Traditionslinien fortsetzen, es erzählt von jener Gegend, die Bandt nach Ausflügen in die deutschen Großstädte heute wieder bewohnt: die Uckermark. »Es gibt eine Tradition von Liedermachern, die ich mit der Muttermilch aufgesogen habe. Diese Art des Erzählens und des Hörens kann auch verschwinden. Sie ist es aber wert, bewahrt zu werden«, so Bandt, der seine Inspirationen bei Hans-Eckardt Wenzel, Gerhard Gundermann oder Gerhard Schöne findet.

Die Uckermark. Ist das noch eine Landschaft oder schon eine Metapher? Bandt singt über kahle Rosenstöcke und weite Wiesen, über schwangere Pferde, über das lange Warten und den hohen Gartenzaun, der vor Sehnsucht schützt. Da gibt es die Traktoren und die alten Škodas.

Bastian Bandt, die Initialen B. B. lassen es erahnen, ist freilich ein Künstlername. Entscheidend dabei: Die Koketterie mit einem gewissen Bertolt Brecht will einfach nicht anmaßend wirken. Einsamkeiten, die adeln. Warum hat er dem Süden Deutschlands wieder den Rücken gekehrt? Bandt ringt nach Worten. Wie soll er die Kraft nennen, die ihn wieder nach Ostdeutschland zog? Heimweh? Sprachverlust? »Es gibt noch immer eine ostdeutsche Identität. Fängt man aber an, darüber zu reden, landet man schnell bei Klischees, Abgrenzungen und Frontlinien.« Da hilft die Poesie, da helfen liebevoll-sarkastische Geschichten über Land und Leute.

Im Song »Und der Himmel« heißt es beschwingt: »Majo hat seine Oma vergiftet / Und wohnt jetzt in ihrem kleinen Haus / Das Klingelschild hat er schon sehr schön beschriftet / Ansonsten sieht es traurig aus / Er hockt in der Küche, die Magazine sind leer / Und er hat sich in die Hosen gemacht / Doch diese Member-Kutte gibt er nie wieder her / Das SEK stürmt noch in der Nacht«. Bandt ist dort zu Hause, wo fernes Leuchten Hoffnung spendet. Kneipe, Suff und Karusselle: Das macht seine Lieder trotz aller Verortung so sinnhaft allgemein-menschlich, bisweilen sogar tanzbar.

Ursprünglich wollte er Pfarrer werden, mit 18 Jahren bekam er den »Brandenburger Liedermacherpreis«. Es war nicht die letzte Auszeichnung. Und dennoch erzählt der zweifache Vater selbstbewusst vom Suchen: »Ich bin noch dabei, meine Ausdrucksformen und meine Lieder zu finden.« Wie erfrischend, wenn jemand keine fertige Haut, keine weltbeschränkende Anschauung oder wohlfeile Konzepte für die große oder kleine Politik zu Markte trägt. So sind es nicht die großen Hallen, Bandt spielt auch Wohnzimmerkonzerte in privaten Räumlichkeiten. Enttäuscht wurde er hierbei noch nie, obwohl der Musiker versichert: »Da könnte auch jemand dabei sein, der mir in seiner Küche aufs Maul haut.«

Im Moment arbeitet Bandt an einem eigenen Textbuch; mit dem Maler und Grafiker Matthias Gründel soll eine gemeinsame Ausstellung konzipiert werden, die quer durch die Lande reist: Gaststätten, Kneipen oder Ateliers dürfen sich gern melden. In Bandts Geschichten verblasst der Himmel Berlins immer dann, wenn ein wärmendes Lagerfeuer in der Uckermark wollüstiges Blutkreisläufe stimuliert. Einfach und schön.

Bastian Bandt, am 23. März, 20 Uhr, live im Kühlspot, Lehderstraße 74 - 79, Weißensee

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