Rente schützt vor Arbeit nicht

Lebenserwartung steigt auch in Brandenburg weiter an - und mit ihr die Altersarmut

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.

Der jüngste Armutsbericht der Bundesregierung weist es aus: Die Gruppe mit der größten Armutsgefährdung ist die der Rentner. Obwohl Menschen heute länger für ihre Rente arbeiten und einzahlen müssen, hat sich der relative und absolute Abstand der Senioren zu den - keineswegs verwöhnten - Beschäftigten in den vergangenen 15 Jahren weiter vergrößert.

Als vor einigen Wochen die Umsetzung neuer »Leitlinien der Seniorenpolitik« im brandenburgischen Landtag zur Debatte stand, sagte die LINKEN-Abgeordnete Diana Bader, von Auskömmlichkeit könne keine Rede sein, wenn Menschen eine Rente in Höhe der Sozialhilfe oder noch darunter beziehen. Nicht zuletzt wegen verschlechterter Punkteberechnung bei der Altersrente wachse das Armutsrisiko in der älteren Einwohnerschaft wie in keiner anderen Altersgruppe. Die Absenkung bei der Bemessung von 53 auf 48,2 Prozent führt ihr zufolge dazu, dass im Westen pro Monat jetzt schon im Schnitt 123 Euro in der Kasse des Rentners fehlen, im Osten sind es 118 Euro.

Auf den Rentnern lastet der Druck der relativen und faktischen Rentenkürzung. Hinzu kamen Geldentwertung und Preiserhöhung, so dass der finanzielle Spielraum der Alten immer enger wird. Als wahrscheinlich kann daher angenommen werden, dass in Zukunft die unmittelbare soziale Not dafür ausschlaggebend sein wird, dass sich immer mehr Rentner Arbeit suchen. Tendenziell sinkend ist die Rente auch deshalb, weil neuen Rentnergenerationen nicht mehr die lückenlose »Erwerbsbiografie« aufweisen wie die alten unter den Rentner, deren Arbeitsleben noch von der DDR geprägt war.

Vor diesem Hintergrund ist die Nachricht des Bundesarbeitsministeriums zu sehen, dass »immer mehr Senioren in Deutschland auch als Rentner noch erwerbstätig« sind. Nach aktuellen Zahlen aus dem Bundesarbeitsministerium gingen im Jahr 2016 rund 1,4 Millionen Rentner einer Beschäftigung nach. Im Jahr 2000 hatte ihre Zahl noch bei 539 000 gelegen. Und das, obwohl Menschen heute deutlich später in den Ruhestand gehen als Jahre zuvor. In Deutschland gibt es inzwischen etwa 21 Millionen Rentner. Der Großteil der erwerbstätigen Rentner (47,5 Prozent) arbeitet in einem Minijob. Als Selbstständige waren 24,8 Prozent der arbeitenden Senioren tätig.

Parallel dazu steigt die Lebenserwartung, das heißt, die Deutschen beziehen deutlich länger Rente und Pension als noch vor zehn Jahren. Wie das Statistische Bundesamt nach Auswertung der Sterbetafeln 2014 bis 2016 bekannt gab, leben heute 65 Jahre alte Männer nun durchschnittlich weitere 17 Jahre und zehn Monate, bei 65 Jahre alten Frauen ergibt sich ein Wert von weiteren 21 Lebensjahren. Der Wert der sogenannten ferneren Lebenserwartung steigt damit bei Männern um einen Monat, bei Frauen um zwei Monate.

Dabei sind die Unterschiede bei der durchschnittlichen Lebenserwartung zwischen den Bundesländern zum Teil beträchtlich. So weist Baden-Württemberg - wie schon seit vielen Jahren - die höchste Lebenserwartung für Männer und Frauen in ganz Deutschland auf. Bei jetzt geborenen Jungen liegt diese bei 79,5 Jahren, bei Mädchen bei 84 Jahren. Dicht dahinter auf dem zweiten Platz folgt Bayern mit Werten von 79,1 Jahren für Jungen und 83,7 Jahren für Mädchen. Auf dem dritten Platz rangiert Berlin (77,9 Jahre für Jungen und 83,2 Jahre für Mädchen), gefolgt von Brandenburg (77,61 für Jungen, und 83,15 für Mädchen). Die niedrigste Lebenserwartung für heute geborenen Jungen weist Sachsen-Anhalt mit 76,3 Jahren auf, die niedrigsten Werte für Mädchen kommen aus dem Saarland mit 82,2 Jahren.

Im Verlauf der vergangenen zehn Jahre ist die Lebenserwartung am stärksten in Mecklenburg-Vorpommern gestiegen: bei Jungen um 2,18 Jahre, bei Mädchen um 1,73 Jahre. An den Werten, die in den Jahren 1991/1993 ermittelt wurden, ließ sich noch ein deutlicher Unterschied zugunsten der westdeutschen Bundesländer erkennen. Die Differenz lag bei Männern bei 3,2 Jahren und bei Frauen bei 2,3 Jahren. Der Wert hat sich bei Männern mittlerweile bei einem Wert von 1,3 Jahren eingependelt - bei den Frauen lässt sich heute kaum noch ein Unterschied feststellen.

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