Bei den ARGEN liegt vieles im Argen

Beschäftigte baden Politikerpfusch aus / Langfristige Förderprogramme für ältere Arbeitslose

  • Peter Liebers, Erfurt
  • Lesedauer: ca. 2.0 Min.

Wenig schmeichelhaft fiel dieser Tage eine Bilanz über die ARGEN aus, in denen kommunalen Sozialhilfeträger und Agenturen für Arbeit gemeinsam Langzeitarbeitslose betreuen. Personalräte, Gewerkschafter und Vertreter der SPD-Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA) debattierten in Erfurt auf einer Tagung des ver.di-Lan- desbezirks Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.

Fehlende Planungssicherheit bei Personal und Finanzen, unterschiedliche Bezahlung von Beschäftigten aus Kommunen und der Bundesagentur für Arbeit (BA) sowie ein fehlender Rechtsstatus der ARGEN waren nur einige der in Erfurt aufgelisteten Mängel. Die auf Bundesebene erarbeiteten Papiere rechneten das Problem schön, monierte der Geschäftsführer der Geraer ARGE, Enrico Vogel. 30 Prozent seiner Mitarbeiter hätten nur befristete Arbeitsverträge. In Erfurt seien es 40 Prozent. In anderen Regionen seien es bis zu 56 Prozent, monierten Personalräte. Es gebe Beschäftigte mit Verträgen über ein halbes Jahr, die immer wieder verlängert worden seien und Unglaubliches leisteten, berichtete Personalrätin Astrid Fuchs-Vierling. Irgendwann sei aber Schluss. Inzwischen kämen arbeitslose einstige Mitarbeiter in die ARGEN und säßen nun »auf der anderen Seite des Schreibtisches«. Dass von Arbeitslosigkeit bedrohte Mitarbeiter Erwerbslose beraten sollen, sei ein Unding. Wer anderen aus einer prekären Situation heraushelfen solle, dürfe nicht selbst in einer solchen sein, lautete das Fazit. Eine Lösung hatte auch der SPD-Bundestagsabgeordnete Rolf Stöckel nicht parat. Es gebe zwar eine gewisse Konsolidierung, aber noch keine klare Entscheidung, ob die ARGEN nach der Evaluierung 2008 überhaupt fortgesetzt würden oder nicht, sagte das AfA-Mitglied. Er räumte ein, dass es einen »bunten Flickenteppich schlechter Beispiele« gibt. Im Vorfeld hätten Praktiker gewarnt, dass die Sache nicht funktioniert und auf Kosten der Beschäftigten geht. Das hat sich bestätigt. Inzwischen hat die BA bereits Verträge mit Kommunen gekündigt, weil die ihren Finanzanteil nicht voll aufgebracht haben. Wie es weitergeht, weiß niemand. Da müssten die Beteiligten bis Jahresende eine Lösung finden, sagte ver.di-Fachbereichsleiterin Christa Raunitschke auf ND-Nachfrage. Die Mitarbeiter sitzen buchstäblich zwischen Baum und Borke - sie fühlen sich als Diener zweier Herren. Personalvertretungen gibt es nicht. Es sei unklar, wer die Beschäftigten vertritt, räumte Stöckel ein. Der ver.di-Landesbezirk will jetzt mit dem Aufbau eines gewerkschaftlichen Netzwerkes Abhilfe schaffen, um seine Mitglieder nicht nicht allein zu lassen. Fatalerweise gibt es auch unter den Beschäftigten höchst unterschiedliche Ansichten zu möglichen Lösungen. Einige fühlten sich nicht mehr als Mitarbeiter der BA oder der Kommune, sondern identifizierten sich mit der ARGE. Andere lehnten diese Sicht samt eines einheitlichen Dienstrechts kategorisch ab, hieß es in Erfurt. Stöckel plädierte für Ehrlichkeit und Offenheit beim Benennen der Probleme. Das gelte auch für die Formel vom Fördern und Fordern. Angesichts von vier Millionen Arbeitslosen dürften die Betroffenen nicht individuell für ihre Lage verantwortlich gemacht werden. Personalrat Karl Hiesterman forderte langfristige Förderprogramme für ältere Arbeitslose, die ihnen helfen, mit einer erfü...

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