Wo Nektar und Honig fließen

Jana Heyden und Florian Brand haben einen Imker und seine Bienenvölker in Berlin besucht

  • Jana Heyden und Florian Brand
  • Lesedauer: 3 Min.

Ein kurzer Stich, dann fängt es plötzlich ganz heftig an zu zwiebeln. An der oberen Stirn hat sich eine Biene verfangen und reflexartig zugestochen. Nun pocht es im gesamten Schädel und der Schmerz breitet sich stetig bis hinab zum Kiefer aus.

»Du musst den Stachel mit der Giftdrüse raus ziehen«, sagt Thomas Warlich, Imker aus Leidenschaft. Mit einem geübten Griff entfernt er die Ursache des Ungemachs. »Wenn man böswillig wäre, könnte man vor dem raus ziehen nochmal kräftig drücken, damits richtig doll zwiebelt.« Das machen wir heute aber nicht. Die Biene, die bei diesem Vorfall ihren Stachel verloren hat, zuckt noch ein bisschen bevor sie endgültig die Lebensgeister verlassen. Bienen können, anders als Wespen, nur einmal in ihrem Leben zustechen. Widerhaken am Stachel verhindern, dass sie ihn wieder raus ziehen können, also verlieren sie ihren Unterleib und sterben nach dem Angriff. »Erst beim zweiten Stich zeigt sich, ob man allergisch auf Bienengift reagiert«, sagt Warlich. Ich lehne dankend ab.

Seit über 200 Millionen Jahren bevölkern diese Insekten mit dem wissenschaftlichen Namen »Apiformes« die Erde. Seit circa 6000 Jahren - also schon die Menschen im alten Ägypten - setzen Menschen gezielt Bienenhaltung ein.

Ganz so lange ist Warlich noch nicht dabei. Seit 25 Jahren beschäftigt sich der Rentner mit der Apis mellifera, wie die Europäische Honigbiene im Fachjargon heißt. Sechs Völker züchtet er hier in der Gartenarbeitsschule Neukölln, der größten in ganz Berlin. Bis zu 30.000 Kinder kommen jedes Jahr hier her, um dem Imker bei seiner Arbeit über die Schulter zu schauen. Jetzt, im Frühjahr, muss er sich darum kümmern, dass seine Völker gut aus dem Winter kommen. Dafür verfüttert er ein spezielles Zuckergemisch an die kleinen Summser.

Zwischen 30.000 bis 60.000 Individuen zählt ein durchschnittliches Bienenvolk im Sommer. Jedes Tier lebt im Schnitt nur drei bis vier Wochen. Dann stirbt es an Erschöpfung. »Das ist aber kein Problem«, sagt Warlich, »die Königin produziert kontinuierlich Nachschub.« Sie ist das einzige Geschlechtsreife weibliche Tier im Volk und legt täglich

Ein großes Problem für den Imker ist die Anwendung von Gylphosat und anderer Pestizide (Neonicotinoide) auf den Feldern - speziell von Rapsfeldern, die bei Bienen sehr beliebt sind. Das Gift beeinträchtigt nicht nur den Orientierungssinn der Insekten. Es überträgt sich auf andere Bienen im Stock und wird beispielsweise über die Ernährung an Larven weitergegeben. Außerdem finden sich Rückstände des Stoffes sowohl in von Bienen produziertem Wachs, als auch im Honig, den der Imker produziert.

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