Gerüst am Haus: Was Mieter darüber wissen müssen

Mietrecht

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Sommer, Sonne, Balkon - besonders in Großstädten genießen viele Mieter in den warmen Monaten Sitzgelegenheiten im Freien. Doch was, wenn plötzlich ein Baugerüst die Aussicht versperrt und die gerade erst angepflanzten Blumen unter Baustaub verschwinden?

Überraschen dürfen Vermieter ihre Mieter mit solchen Maßnahmen nicht, sagt Gerold Happ vom Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland in Berlin im Interview. Schließlich kann ein Gerüst vor dem Fenster eine erhebliche Einschränkung sein.

Darf ein Baugerüst jederzeit aufgestellt werden?

Nein, ich muss das als Vermieter immer ankündigen. Dabei muss man unterscheiden zwischen Instandhaltung und Modernisierung. Bei Modernisierung muss ich das langfristig, also spätestens drei Monate vor Beginn der Arbeiten in Textform ankündigen.

Instandhaltungen, die kurzfristig akut sind, muss ich weniger langfristig ankündigen. Hier heißt es im Gesetz lediglich »rechtzeitig« Was rechtzeitig ist, hängt natürlich immer davon ab, wie lange ich planen kann. Ein paar Wochen oder Monate im Voraus sollte ich das Aufstellen des Gerüstes schon mitteilen, je nachdem, wie akut die Maßnahme ist. Wenn das eine Sofortmaßname ist, dann kann das Baugerüst auch mal relativ kurzfristig aufgebaut werden müssen.

Darf ich dann wegen des Gerüsts die Miete mindern?

Natürlich ist das eine Beeinträchtigung der Mietsache. Ich kann ja möglicherweise den Balkon nicht benutzen oder muss wegen der Einbruchgefahr die Fenster geschlossen halten. Der Gebrauch ist also eingeschränkt, und dann ist auch die Miete gemindert.

Werden die Haus- oder die Hoffassade wegen Bauarbeiten eingerüstet, kann die Miete um fünf Prozent gemindert werden. Dies geht auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Az. VIII ZR 129/09) zurück, auf die der Deutsche Mieterbund (DMB) hinweist.

Weniger Licht, Lüftungsbeeinträchtigungen, eventuell die Unbenutzbarkeit des Balkons oder sogar Plastikfolien vor den Fenstern seien Mängel, die eine entsprechende Mietkürzung rechtfertigen. Bei der Fassadeneinrüstung sei es ausnahmsweise nicht notwendig, den Vermieter über das Vorliegen des Mangels zu informieren. Der Vermieter hat die Einrüstung selbst veranlasst und somit auch ohne Benachrichtigung durch den Mieter Kenntnis vom Mangel.

Der BGH erklärte, das Mietminderungsrecht sei auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Mieter schon bei Unterzeichnung des Mietvertrages wusste, dass das Haus eingerüstet wird. Entscheidend war, dass der Mieter zwar von der Einrüstung wusste, aber nicht, welche Auswirkungen diese auf die Wohnung hat. »Die bloße Kenntnis der einen Mangel begründenden Tatsachen reicht für die Kenntnis des Mangels selbst nicht aus«, urteilte der BGH.

Muss ich die Versicherung über das Gerüst informieren?

Gesetzlich sind Mieter dazu nicht verpflichtet, aber vertraglich in den meisten Fällen schon. Denn Einbrecher nutzen Baugerüste gerne als Hilfestellung. Um den Schaden zu minimieren, sollten die Versicherungen informiert werden. Tun man das nicht, kann es teuer werden.

Steht ein Baugerüst vor einem Wohnhaus, sollten Vermieter dies ihrer Gebäudeversicherung und Mieter ihrer Hausratversicherung melden. Wer untätig bleibt, gefährdet seinen Versicherungsschutz. Darauf macht der Verbraucherschutzverband Wohnen im Eigentum (WiE) aufmerksam.

Wie sieht es mit einer erhöhten Einbruchgefahr durch Gerüste aus?

Durch ein Gerüst vor dem Haus besteht eine erhöhte Einbruchsgefahr. Denn der Einbrecher kann dadurch leichter in die Wohnung oder das Haus einsteigen. Weiß der Versicherer nichts von diesem Risiko, kann es sein, dass er Leistungen verweigert.

Darf der Versicherer Beiträge erhöhen?

Das kann bedeuten, dass er beispielsweise Schäden, die durch einen Einbruch entstanden sind, nicht in voller Höhe oder gar nicht ersetzt. Weiß der Versicherer vom Gerüst, darf er das Risiko neu bewerten und unter Umständen die Beiträge entsprechend erhöhen. In der Regel kommt das laut WiE nicht vor.

Wie steht es um den Baulärm?

Hämmern, bohren, Tapeten abkratzen - Bauarbeiten machen Lärm. Die schlechte Nachricht für Mieter: Handwerker dürfen in der Regel schon früh mit ihren lauten Arbeiten beginnen. »Maßgeblich sind die üblichen Ruhezeiten«, erklärt Ulrich Ropertz vom DMB in Berlin.

Wann muss Ruhe herrschen?

In den meisten Bundesländern gilt: Zwischen 22 Uhr und 6 Uhr muss Ruhe sein. Davor und danach sind Arbeiten aber durchaus zulässig.

Kann man den Vermieter um späteren Baubeginn bitten?

Wer regelmäßig in der Frühe aus dem Schlaf gerissen wird, kann sich an seinen Vermieter wenden. Möglicherweise könnte ein späterer Beginn der Bauarbeiten vereinbart werden.

Ist Lärm durch Handwerker ein Mietmangel?

»Lärm kann auch ein Mietmangel sein«, erklärt Ropertz. Im Zweifel hat der Mieter daher das Recht, die Miete zu mindern. Das kann auch gelten, wenn die lauten Bauarbeiten im Nachbarhaus stattfinden. Ist die Mietminderung berechtigt, muss der Vermieter das hinnehmen, auch wenn er nicht selbst für den Lärm verantwortlich ist. dpa/nd

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