Die Partei »Die Partei«, die hat immer recht

Martin Sonneborn will es im nächsten Jahr noch einmal wissen, doch die Große Koalition sägt bereits an seinem EU-Parlamentsstuhl

  • Uwe Kalbe
  • Lesedauer: 3 Min.

Wenn am 26. Mai 2019 die Wahllisten zur EU-Wahl angekreuzt werden, wird sich darauf auch wieder die Partei »Die Partei« finden. Das politische Projekt des Satirikers Martin Sonneborn geht erneut an den Start, und der 53-Jährige will erneut für einen Sitz im Europaparlament kandidieren, wie er am Mittwoch in Brüssel mitteilte. 2014 war Sonneborn überraschend ins Parlament eingezogen, und der Mitherausgeber des »Titanic«-Magazins tat alles, seinem Ruf gerecht zu werden, mit überraschenden Maßnahmen der Programmforderung seiner Partei »Partei« gerecht zu werden, nämlich die »Durchsetzung allumfassender universeller Gesamtgerechtigkeit, zumindest aber doppelt so viel Gerechtigkeit wie die SPD«. Zum Wahlkampfteam Sonneborns, das dieser am Mittwoch vorstellte, gehört der Kabarettist Nico Semsrott. Der 32-Jährige ist aus der ZDF-Satiresendung »heute-show« bekannt und war für die Satire-Partei »Die Partei« bereits bei der Bundestagswahl angetreten. Als ein Ziel gaben beide aus, der AfD Wähler abzujagen. Deswegen wolle man auch Parteimitglieder als Kandidaten aufstellen, die die gleichen Nachnamen wie bekannte Nazis tragen. Als Beispiel nannten sie Namen wie Göbbels (in dieser Schreibweise), Göring, Speer und Eichmann. Eventuell könnte dies auch »verwirrte CSU-Wähler« oder »demente CDU-Wähler« zu einem Kreuz bei der »Partei« verleiten, scherzte Sonneborn. Man traue sich zu, bei der Wahl am 26. Mai des kommenden Jahres in Deutschland zwei Prozent der Stimmen zu holen. Bei der Europawahl 2014 hatte die »Partei« von Sonneborn in Deutschland 0,6 Prozent der Stimmen und damit einen Sitz im Europaparlament bekommen.

Allerdings sind die Tage der Kleinstparteien im EU-Parlament wohl gezählt. Bereits zur nächsten Wahl 2019 wollte die deutsche Bundesregierung europaweit für eine Sperrklausel sorgen. Dies scheiterte daran, dass die Zustimmung der Mitgliedstaaten nicht rechtzeitig erwirkt wurde. Die Leitlinien der sogenannten Venedig-Kommission, der EU-Verhaltenskodex für Wahlen, sehen vor, dass zwölf Monate vor einer Wahl keine Wahlrechtsänderungen mehr möglich sein sollen. Deshalb dauert es nun etwas länger, aufgegeben ist das Ziel allerdings nicht. Spätestens für die Wahl 2024 soll es soweit sein, und Kleinstparteien keine Chance mehr bekommen. Dabei hatte 2014 das Bundesverfassungsgericht die Dreiprozentsperre für die EU-Wahl im deutschen Europawahlgesetz ersatzlos gestrichen. Begründung: Die Sperrklausel verstoße gegen die Grundsätze der Wahlrechtsgleichheit und der Chancengleichheit der Parteien. Instabile Mehrheitsverhältnisse seien im EU-Parlament nicht so folgenschwer wie im Bundestag. Die Unionsparteien und die SPD hatten argumentiert, der Einzug der Kleinstparteien in das Europaparlament könne eine Zersplitterung und damit die Handlungsunfähigkeit der Legislative zur Folge haben. Um sich diesem Urteil zu entziehen, sucht die Bundesrepublik nun nach einem Weg über das EU-Recht.

Die Kleinsparteien sind empört und beklagen die beabsichtigte Ungleichbehandlung. Von instabilen Verhältnissen im EU-Parlament kann überdies nicht die Rede sein. Da sich die Abgeordneten der kleinen Parteien häufig einer großen Fraktion anschließen, hat ihre Wahl keine Zersplitterung zur Folge. Derzeit sind fünf der sieben deutschen Einzelmandatsträger Mitglied einer der großen Fraktionen. Und so bleibt die Absicht der Bundesregierung bestehen, wie sie gleichzeitig unter den Teppich gekehrt wird. Mit dpa

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal