ThyssenKrupp gibt es bald doppelt

Konzern plant Aufspaltung in zwei neue Unternehmen

  • Sebastian Weiermann
  • Lesedauer: 3 Min.

Bei ThyssenKrupp kriselt es schon länger. Einige Geschäftsbereiche des Essener Traditionskonzerns mit 160 000 Arbeitnehmern sind nicht gewinnträchtig, andere wiederum schon. Das deutlichste Zeichen für die Probleme waren im Juli die Rücktritte von Vorstandschef Heinrich Hiesinger und wenige Tage später des Aufsichtsratsvorsitzenden Ulrich Lehner. Hiesinger sprach damals davon, sein Rücktritt solle »eine grundsätzliche Diskussion über die Zukunft von ThyssenKrupp ermöglichen«. Lehner wurde deutlicher und beklagte Psychoterror, der von Finanzinvestoren ausgehe, und mangelnden Rückhalt von Ursprungsaktionären wie der Krupp-Stiftung. Auch warnte er vor der »Zerschlagung des Unternehmens«.

Weichenstellung durch die Interimsführung

Nun geschieht das, wovor Hiesinger und Lehner gewarnt haben - und das, obwohl der Konzern derzeit nur Interimsführungen hat. Vorstandschef ist Guido Kerckhoff, der vorher Finanzchef war. Der Aufsichtsrat wird von IG-Metall-Sekretär Markus Grolms geführt. Für beide Posten hat ThyssenKrupp bisher nur Absagen bekommen. Am Donnerstag dann überraschend die Mitteilung, dass die Teilung des Konzerns in zwei eigenständige, börsennotierte Unternehmen geplant sei. Beide sollen weiter den Namen ThyssenKrupp tragen, aber jeweils mit einem Zusatz: Im neuen »Materials«-Unternehmen soll die Stahlsparte, an der der Konzern nach der Fusion mit Tata nur noch 50 Prozent hält, sowie der Handel mit Werkstoffen und der Schiffbau konzentriert werden. Deutlich attraktiver ist das Unternehmen »Industrials«, in dem der hochprofitable Aufzugbau und das Zuliefergeschäft für die Autoindustrie ihren Platz haben sollen. Interimschef Kerkhoff hält den Plan für eine Lösung, »die nicht nur Wert für unsere Aktionäre schafft, sondern auch die Entwicklungsper-spektiven unserer Geschäfte spürbar verbessert«. Es solle keinen über bisherige Pläne hinausgehenden Stellenabbau geben.

Zustimmung zur Aufspaltung gibt es von mehreren Seiten. Wenig überraschend äußerte der aggressiv auftretende Finanzinvestor Cevian schnell seine Zustimmung. Durch die Trennung werde »Komplexität« reduziert und mehr »unternehmerische Freiheit« ermöglicht. Von der Krupp-Stiftung, die nach dem dem Ausstieg von Lehner und Hiesinger noch davon sprach, sich für den Zusammenhalt des Unternehmens einzusetzen, hieß es, sie werde sich »keiner Lösung« verschließen.

Gewerkschaft sieht Aufspaltung positiv

Die IG Metall in Nordrhein-Westfalen hält das Konzept für eine Möglichkeit, »die Zerschlagung des Konzerns zu verhindern« und für beide Bereiche nachhaltige industrielle Konzepte zu entwickeln. Wichtig sei, dass es in keinem Bereich zu betriebsbedingten Kündigungen komme und die bestehenden Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer erhalten blieben. Mit einem Wirtschaftsprüfergutachten solle festgestellt werden, ob die beiden Unternehmen finanziell tragfähig ausgestattet seien.

Am kommenden Sonntag will der Aufsichtsrat über die Aufteilungspläne abstimmen. Eine endgültige Entscheidung soll bei der Hauptversammlung 2020 erfolgen. Kommentar Seite 2

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