Krieger der AfD

Netzwoche: Warum »Bild« immer mehr zu einem rechten Kampagnenblatt wird

  • Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 3 Min.

Michael Spreng ist wahrlich niemand, der als liberaler Geist bekannt ist. Wesentliche Teile seiner beruflichen Karriere verbrachte der Journalist im Springer-Verlag, war dort unter anderem elf Jahre lang Chefredakteur der »Bild am Sonntag«, ehe er das Boulevardblatt und den Konzern 2000 im Streit verließ. Danach leitete er unter anderem den Kanzlerwahlkampf des nicht minder konservativen CSU-Politikers Edmund Stoiber.

Michael Spreng weiß nicht nur, wie Politiker am rechten Rand des Parteienspektrums ticken, er hat auch selbst miterlebt, wie sich »Bild« wiederholt auf eine gefährliche Liaison mit diesen einließ. Sie kommen inzwischen aus den Reihen der AfD, und die positioniert sich noch weiter rechts, als sich das Stoiber je traute. Genau das bereitet Spreng Sorgen. Auf seinem Blog www.sprengsatz.de warnt er, »Bild« habe sich zu einer Vorfeldorganisation der AfD entwickelt. »Seit Monaten bespielt ›Bild‹ die politische Agenda der AfD. Fast jede Gewalttat eines Flüchtlings gegen einen Deutschen wird in ›Bild‹ zur schreienden Schlagzeile. Wenn aber ein Deutscher einen Syrer ersticht, wird dies mit ein paar Zeilen auf Seite 5 abgetan«, beobachtet der Journalist. Und falls es keine Gewalttat zu vermelden gibt, konstruiere das Blatt »Aufmacher gegen die angeblich zu lasche Justiz, gegen den angeblich untätigen Staat und die angeblich unfähigen Politiker«. Ein Vorgehen, das Spreng an die »Bild«-Kampagne gegen die Studentenunruhen der 60er Jahre erinnert. Maßgeblich verantwortlich für diesen Rückfall in alte Zeiten sei »Bild«-Chef Julian Reichelt, der offenbar mit dem Einverständnis des Vorstandes von Axel Springer eine Gruppe selbst ernannter Krieger um sich schare, »die glauben, sie lägen im Schützengraben und müssten nicht nur die Kanzlerin, sondern auch den liberalen Rechtsstaat sturmreif schießen«, so Spreng.

Dass diese Einschätzung einer »Bild« als Sturmgeschütz der AfD nicht ganz falsch ist, zeigt eine Rede des Springer-Vorstandchefs Mathias Döpfner von Ende September beim Kongress des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger. Darin beklagt er unter anderem, dass am Tag nach dem Tod von Daniel H. in Chemnitz null von zwölf überregionalen Medien darüber auf der Titelseite berichtet hätten. Auch nach dem Tod eines Mannes in Köthen sei dies ähnlich gewesen. Döpfner fragt rhetorisch: »Waren die Aufwallungen in den Städten - von links wie von rechts - wirklich nicht nur so wichtig wie, sondern noch wichtiger als die Todesfälle an sich?« Der Springer-Chef kritisiert, dass die Zeitungen mit dieser Gewichtung angeblich der »Verpflichtung zur Wahrheit« nicht gerecht geworden seien.

Auf meedia.de entgegnet Journalistikprofessor Klaus Meier, die Behauptung, es würde zu wenig über Straftaten von Asylsuchenden und Ausländern berichtet, sei »ein wesentlicher Teil der Propaganda rechtsnationaler Gruppierungen«. Analysen zeigten, dass fremde Menschen schon seit Jahrzehnten deutlich »überproportional im Vergleich zur Realität als Täter« in der Berichterstattung dargestellt würden. Noch größer zu berichten, wäre schlicht »Sensationsgeilheit« und gefährde das vertrauensvolle Zusammenleben.

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