Die große Katastrophe verhindert

Seminar zur Waldbrandbekämpfung in Brandenburg zieht erste Lehren einer heißen Saison

  • Tomas Morgenstern
  • Lesedauer: 4 Min.

Heinz Rudolph ist ein erfahrener Feuerwehrmann, der schon viele große Bewährungsproben bestehen musste, bevor er 2015 zum Landesbranddirektor Brandenburgs und zum Leiter der Landesschule und Technischen Einrichtung für Brand- und Katastrophenschutz (LSTE) ernannt wurde. Doch selbst Rudolph hat eine derartige Waldbrandsaison noch nicht erlebt. »Und die Saison ist ja noch nicht vorbei, die Lieberoser Heide brennt immer noch, der Hubschrauber fliegt gerade wieder zum Einsatz«, sagte er dem »nd« vor der Eröffnung des Fachseminars »Waldbrandbekämpfung im Land Brandenburg«.

Zu der Veranstaltung hatten Brandenburgs »oberster Feuerwehrmann« und das Innenministerium am Dienstag Führungs- und Einsatzkräfte der Berufs- und Freiwilligen Feuerwehren, Vertreter der Bundeswehr und der Polizei, des THW und der zahlreichen anderen Hilfsorganisationen, des Städte- und Gemeindebundes, der Forstbehörden und Ministerien nach Schönwalde im Glien eingeladen. Bereits im Hochsommer, als noch nicht absehbar war, dass dem heißen Sommer ein unendlich langer heißer Herbst folgen würde, hatte Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) angesichts der Extremsituation, in der sich die Feuerwehren und ihre zahlreichen Helfer bewähren mussten, pathetische Worte gefunden: »Die Einsatzkräfte waren in diesem Sommer unsere größten Helden. Sie gingen für uns durchs Feuer.«

Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) sprach von einem Jahrhundertsommer auch für die Einsatzkräfte, die bislang 474 gemeldete Waldbrände zu bekämpfen hatten. »Ortsnamen wie Fichtenwalde, Treuenbrietzen und Frohnsdorf stehen am Ende eben nur deshalb nicht für Katastrophen und es konnte bei Evakuierungen bleiben, weil es gelungen ist, diese Brände zu löschen«, so der Minister. Schröter lobte ausdrücklich alle Akteure, rief aber zugleich zu einer offenen »Manöverkritik« auf. »Wir sind in Brandenburg gut im Löschen von Bränden, wir sind gut aufgestellt. Unser ›Fire Watch‹-System hat gut funktioniert, das System unserer Brandschutzeinheiten hat sich wieder gut bewährt. Aber die Kameradinnen und Kameraden vor allem unserer Freiwilligen Feuerwehren sind auch an die Grenzen ihrer physischen und psychischen Belastbarkeit gelangt.« Als Stichworte für das, was künftig besser funktionieren müsse, nannte der Minister fehlende oder nach den Sturmschäden von 2017 nicht freigeräumte Brandschutzschneisen und nicht funktionierende Wasserentnahmestellen. Und es müsse Kompromisse geben, wenn zwischen Natur- und Brandschutz zu entscheiden sei. Sorge bereite den Löschkräften weiter die Munition im Boden. Zudem stellte Schröter die Frage in den Raum: Braucht das Land künftig Feuerlöschpanzer, eigene außenlastfähige Hubschrauber oder gar Löschflugzeuge?

Manches von dem, was die Einsatzkräfte vor Ort bisweilen besonders dringend benötigen, klingt weit bodenständiger. Etwa in den Schilderungen von Jens Heinze, der als Kreisbrandmeister von Potsdam-Mittelmark die dramatischen Einsätze zur Bekämpfung der Großbrände Ende Juli bei Fichtenwalde, am Autobahndreieck zwischen A9 und A10, und im August bei Treuenbrietzen leitete, und wo der Erfolg oft auf des Messers Schneide stand: funktionierende Kommunikationsmittel, gute und rechtzeitige Versorgung - »und zwar mehr, als immer nur Wasser, Kaffee und Bockwurst« -, zeitgemäße Hygieneeinrichtungen, mehr Personal und moderne, funktionierende Technik. In all diesen Punkten stimmte er auch mit Ronald Judis, Kreisbrandmeister in Dahme-Spreewald, überein, dessen Kampf um die Lieberoser Heide bereits in die nächste Runde gegangen ist. Beide würdigten ausdrücklich die zuverlässige Hilfe durch das Koordinierungszentrum Krisenmanagement des Landes, durch Bundeswehr, Bundespolizei und private Anbieter, die die Wehren vor Ort mit schwerer Technik unterstützt und manche Katastrophe verhindert haben. Judis Einschätzung lautet: Bergepanzer und Hubschrauber etwa sind sehr hilfreich, sollten bei Bedarf aber schneller verlässlich angefordert werden können, und bei der Kostenübernahme müssten die Kommunen entlastet werden. Eigene Löschflugzeuge brauche hier keiner.

Am Dienstagmittag hatte sich ein erneutes, am Sonntag ausgebrochenes Feuer in der Lieberoser Heide nahe Groß Liebitz (Dahme-Spreewald) auf 15 Hektar ausgebreitet. Bereits am Montag hatte das Amt Lieberose/Oberspreewald beim Landkreis um finanzielle Unterstützung bei der Anforderung eines Löschhubschraubers bitten müssen, der in der munitionsbelasteten Heide unverzichtbar ist.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal