Kein Dach mehr über dem Kopf

Hausprojekt in der Rigaer Straße bleibt nach Brand gesperrt / Spekulationen um Brandstiftung

  • Mark Wolter
  • Lesedauer: 2 Min.
Brandgeruch lag in der Luft, als gestern Mittag Polizei und Bauaufsichtsamt das erste Mal nach dem Feuer vom Montagmorgen das Haus Rigaer / Ecke Proskauer Straße betraten. Der Dachboden und der vierte Stock sind abgebrannt. Erst nach drei Stunden konnte die Feuerwehr mit einem Großaufgebot löschen. Anschließend wurde das Haus von der Polizei abgesperrt. Die Rigaer Straße 84 ist ein Stück Berliner Geschichte. Dieser Teil des Gebäudes war 1990 von Autonomen besetzt worden. Zwei Jahre später entstand auf der Basis von Mietverträgen ein linkes Hausprojekt. Nach der Begehung durften Mieter des Flügels Proskauer Straße 10 kurzzeitig in ihre Wohnungen, um ihren noch erhaltenen Hausrat zu holen. »Der Rigaer-Teil bleibt wegen größerer Brand- und Wasserschäden durch das Bauaufsichtsamt gesperrt«, sagte Gösta Goldstein von der Hausverwaltung. »Hier müssen Statiker erst die Sicherheit genau überprüfen.« Die Bewohner der Rigaer Straße 84 werteten dies als Schikane: »Wir sind obdachlos und kommen nicht mal an unsere Sachen. Man will uns eh nur hier raus haben«, hieß es. Vor wenigen Wochen stellte der Hauseigentümer einen Antrag auf Sanierung und wollte die Mietverträge neu verhandeln. Bis die ersten Wohnungen wieder bezugsfähig sind, könnte nach ersten Schätzungen ein Jahr vergehen. »Nun geht es erst mal darum, die Menschen mit Hilfe des Bezirksamtes in Ausweichwohnungen unterzubringen«, sagte Goldstein. Die Hausprojektler lehnten eine Einzelverlegung ab und verlangten ein »geeignetes Ersatzobjekt«: »Das ist ein gemeinsames Wohnprojekt. Wir wollen zusammenbleiben.« Die Brandursache ist noch unklar, die Ermittlungen des Landeskriminalamtes dauern an. Auch bei den Bewohnern wird derweil über Brandstiftung spekuliert. Ein Mieter aus der Proskauer Straße sagte, »jemanden« auf dem Dach der anderen Seite beim Ausbrechen des Feuers gesehen zu haben. Davon gemachte Fotos habe er der Polizei übergeben. Möglich sei auch ein Kurzschluss in einer Hochleistungslampe der Hanfplantage, die er früher auf dem Dachboden des Rigaer Flügels gesehen habe. Hanfanbau sei eine Lüge, hieß es bei den Hausprojektlern. »Das hätte man beim Verbrennen doch gerochen«, meinten Kenner. Gegenüber der These eines Unfalls äußerte man sich aber skeptisch. Bereits 1997 hatte es in der Rigaer Straße nach Auseinandersetzungen um eine mögliche Sanierung einen Brand gegeben. Die Polizei stellte damals Brandstiftung fest, konnte die Täter aber nicht ermitteln.

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