Mit zweierlei Maß

Netzwoche über Solidarität mit dem rechten Journalisten Billy Six

  • Jürgen Amendt
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Freiheit des Wortes gilt oder gilt nicht. Sie ist unteilbar. Darum selbstverständlich: FreeBilly.« Dies twitterte der »Welt«-Reporter Deniz Yücel Heiligabend vergangenen Jahres. Yücel, der selbst mehr als ein Jahr in einem türkischen Gefängnis verbringen musste, weil ihm unter anderem Propaganda für die kurdische PKK und die Gülen-Bewegung vorgeworfen wurde, die beide vom türkischen Staat als terroristische Vereinigungen eingestuft werden, ergriff mit diesem Tweet Partei für einen Kollegen, den 32-jährigen Berliner Billy Six. Der sitzt seit einigen Monaten in der venezolanischen Hauptstadt Caracas in einem Militärgefängnis. Six hielt sich laut eigenen Angaben zu Recherchezwecken in Venezuela auf. Laut der Journalistenorganisation »Reporter ohne Grenzen« (ROG) drohen Six bis zu 28 Jahre Haft. Six werde in der Haft drangsaliert, heißt es seitens ROG.

Die Parallelen zwischen dem Fall von Deniz Yücel und dem von Billy Six sind also offensichtlich. Allerdings gibt es hierzulande für Six anders als für Yücel vor einem Jahr keine breite Solidaritätsbewegung. Das hat einen Grund, wie Boris Rosenkranz auf uebermedien.de schreibt: Six hat sich eindeutig politisch rechts positioniert. In Deutschland schreibt er für das »Deutschland-Magazin«, einer Illustrierten des Vereins »Die Deutschen Konservativen«, den es seit 1986 gibt und der politisch zur extremen Rechten zählt. Bekannt geworden war der Verein in den 1980er Jahren unter anderem durch seine revanchistische Haltung zur Ostpolitik der SPD. Daneben publiziert Six laut Rosenkranz für die rechte Wochenzeitung »Junge Freiheit«. In Venezuela soll er sich aufgehalten haben, um über den »Zerfall des sozialistischen Systems« zu schreiben, wie die FAZ unlängst berichtete.

Während ROG sich für Six einsetze, blieben die Journalisten-Organisationen in Deutschland still, kritisiert Rosenkranz. Es gebe bislang keine Pressemitteilung des Deutschen Journalistenverbandes (DJV), in der sich der Verband mit Billy Six solidarisiert habe, so Rosenkranz. »Auf Nachfrage heißt es beim DJV, es sei unklar, ob Six ›als Journalist oder als politischer Aktivist‹ in Venezuela gewesen sei«. Auch die Gewerkschaft ver.di halte sich zurück.

Stellvertretend für die Reaktionen aus dem linken politischen Lager zitiert Rosenkranz die Stellungnahme des Bundestagsabgeordneten Andrej Hunko (Linkspartei): »›Bei der Vita von Herrn Six ist es denkbar, dass die Vorwürfe gegen ihn zutreffen‹, twitterte Hunko Anfang des Jahres und, offenbar mit viel Vertrauen in die venezolanischen Behörden: ›Lassen wir die Polizei erst mal ermitteln.‹ (…) Vor zwei Jahren hatte Hunko noch, zusammen mit rund 150 weiteren Bundestags- Abgeordneten, einen Brief an den türkischen Botschafter geschickt, in dem sich die Politiker für die Freilassung von Deniz Yücel aussprachen. Dort heißt es unter anderem: ›Wie es bei jedem freien Journalisten und kritischen Geist der Fall ist, erregt seine Arbeit teilweise Anstoß. Es ist der Anstoß des freien Denkens und der offenen politischen Debatte.‹ Anscheinend gilt das nicht für einen Journalisten wie Billy Six, der für rechte Medien arbeitet.«

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