- Kultur
- Medien
Migranten und Medien
ARD/ZDF-Medienkommission: Kritik an neuer Studie
Jetzt liegen endlich die Forschungsresultate der ARD/ZDF Medienkommission über die mediale Integration von Migranten vor. Mit dieser »bundesweit repräsentativen Studie« sollte der Stellenwert deutscher und heimatsprachiger Medien, vor allem der elektronischen, bei den in Deutschland lebenden Menschen mit Migrationshintergrund herausgefunden werden. Rund 60 000 Kontakte und 3010 Interviews wurden ausgewertet, ein beachtliches Arbeitspensum! Die Interviewpartner wurden zum einen durch generierte Telefonnummern ermittelt und zum anderen nach Namenslisten, die auf einen türkischen, kroatischen, polnischen, italienischen und griechischen Migrationshintergrund schließen ließen. Befragt wurden »Personen mit Migrationshintergrund aus den wichtigsten Migrationsgruppen.«
Eine Studie, mit der die mediale Integration von Migranten untersucht wird, setzt umfangreiche Vorarbeiten voraus. Immerhin leben in der Bundesrepublik Deutschland Menschen aus 196 Staaten (Quelle: Statistisches Bundesamt 2007), das sind mehr Staaten, als die UNO Mitglieder besitzt. In Deutschland gibt es Städte mit einer Bevölkerung, in denen mit rund 160 Staaten fast alle Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen vertreten sind, wie aus einer nicht veröffentlichten Untersuchung zu 200 Städten hervorgeht.
Die Studie ist in ihrer Darstellung widersprüchlich und uneinheitlich. So wurden einerseits offenbar ausschließlich »Personen mit Migrationshintergrund« befragt, andererseits durchweg Aussagen zu Migranten getroffen. Das sind doch wohl zwei unterschiedliche Personenkreise. Die Erforschung der medialen Integration von Ausländern, von Migranten oder auch von Personen mit Migrationshintergrund muss unterscheiden, ob die Staatsangehörigkeit, die Zugehörigkeit zu einer Volksgruppe oder der Migrationshintergrund eines deutschen Staatsbürgers Zuordnungskriterium zum Medienverhalten sein soll, aus denen Schlüsse gezogen werden, die dann in die Studie einfließen. Die Studie unterscheidet nicht einmal zwischen Türken und Kurden, beide mit türkischer Staatsangehörigkeit. So wird das Fazit, »alle Migrantengruppen werden von deutschen Medien gut erreicht«, bereits von der Anlage der Untersuchung her nicht gedeckt.
Mit der Verwendung des Begriffs Volk, Staatsangehörigkeit oder Nation hatte bereits die UNO ihr Problem. Insoweit finden sich die Verfasser der Studie in guter Gesellschaft; denn mit der Charta der Vereinten Nationen vom 26. Juni 1945 waren nicht die Staaten, sondern »die Völker der Vereinten Nationen fest entschlossen «. Auf Vorbehalte stößt aus den oben genannten Gründen auch die Aussage über »eine nach ethnischen Gruppen differenzierte Betrachtung des Mediennutzungsverhaltens«. Eine solche Betrachtung hat es nicht gegeben, weil für die Untersuchung nicht »ethnische Gruppen«, sondern die Staatsangehörigkeit Kriterium der »differenzierten Betrachtung des Mediennutzungsverhaltens« war. Die Integration von Migranten, dass lässt sich zurückverfolgen, wurde erst mit dem Einsturz der Twin Towers in New York als Problem wahrgenommen. So ist es denn auch verständlich, dass die in der Studie abgedruckten Schautafeln sich nur auf Quellen der Jahre 2004, 2005 und 2006 stützen können. Das erklärt auch, dass viele Städte Migranten stärker aus dem Blickwinkel der Sicherheit und damit als Problem eigener Art ansehen, wie aus manchen Antworten im Zusammenhang mit der bereits erwähnten Umfrage unter rund 200 Städten angenommen werden darf.
In die Untersuchung wurde die wirtschaftliche Situation und die soziale Stellung der befragten Personen (Hartz IV-Empfänger?) nicht mit einbezogen. Berücksichtigt wurde auch nicht, ob die Be-fragten in einem Umfeld mit einem hohen Anteil Bürger gleicher Volks- oder Staatsangehörigkeit leben (Kolonienbildung).
Zu bedauern ist auch, dass die Autoren der Studie sich einen Blick in die Vergangenheit versagt haben; denn das Thema »mediale Integration« entstammt keinem Geistesblitz der letzten drei Jahre. Immerhin haben die Bürger der Bun-desrepublik mehrere Integrationswellen erlebt.
Soweit ARD und ZDF eine kontinuierliche Forschung zum Mediennutzungsverhalten von Migranten für erforderlich halten, ist dies zu begrüßen. Die Anstalten sollten allerdings sehr darauf drängen, dass diese Forschung stärker wissenschaftlichen Ansprüchen genügt und dass nicht der durch die vorgelegte Studie erweckte Eindruck entsteht, der größte Teil der Völker, die in der Bundesrepublik eine neue Heimat oder Aufenthalt gefunden haben, wird nicht wahrgenommen oder schärfer formuliert, wird ausgegrenzt.
Unser Autor ist verantwortlicher Redakteur der in Köln e...
Eine Studie, mit der die mediale Integration von Migranten untersucht wird, setzt umfangreiche Vorarbeiten voraus. Immerhin leben in der Bundesrepublik Deutschland Menschen aus 196 Staaten (Quelle: Statistisches Bundesamt 2007), das sind mehr Staaten, als die UNO Mitglieder besitzt. In Deutschland gibt es Städte mit einer Bevölkerung, in denen mit rund 160 Staaten fast alle Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen vertreten sind, wie aus einer nicht veröffentlichten Untersuchung zu 200 Städten hervorgeht.
Die Studie ist in ihrer Darstellung widersprüchlich und uneinheitlich. So wurden einerseits offenbar ausschließlich »Personen mit Migrationshintergrund« befragt, andererseits durchweg Aussagen zu Migranten getroffen. Das sind doch wohl zwei unterschiedliche Personenkreise. Die Erforschung der medialen Integration von Ausländern, von Migranten oder auch von Personen mit Migrationshintergrund muss unterscheiden, ob die Staatsangehörigkeit, die Zugehörigkeit zu einer Volksgruppe oder der Migrationshintergrund eines deutschen Staatsbürgers Zuordnungskriterium zum Medienverhalten sein soll, aus denen Schlüsse gezogen werden, die dann in die Studie einfließen. Die Studie unterscheidet nicht einmal zwischen Türken und Kurden, beide mit türkischer Staatsangehörigkeit. So wird das Fazit, »alle Migrantengruppen werden von deutschen Medien gut erreicht«, bereits von der Anlage der Untersuchung her nicht gedeckt.
Mit der Verwendung des Begriffs Volk, Staatsangehörigkeit oder Nation hatte bereits die UNO ihr Problem. Insoweit finden sich die Verfasser der Studie in guter Gesellschaft; denn mit der Charta der Vereinten Nationen vom 26. Juni 1945 waren nicht die Staaten, sondern »die Völker der Vereinten Nationen fest entschlossen «. Auf Vorbehalte stößt aus den oben genannten Gründen auch die Aussage über »eine nach ethnischen Gruppen differenzierte Betrachtung des Mediennutzungsverhaltens«. Eine solche Betrachtung hat es nicht gegeben, weil für die Untersuchung nicht »ethnische Gruppen«, sondern die Staatsangehörigkeit Kriterium der »differenzierten Betrachtung des Mediennutzungsverhaltens« war. Die Integration von Migranten, dass lässt sich zurückverfolgen, wurde erst mit dem Einsturz der Twin Towers in New York als Problem wahrgenommen. So ist es denn auch verständlich, dass die in der Studie abgedruckten Schautafeln sich nur auf Quellen der Jahre 2004, 2005 und 2006 stützen können. Das erklärt auch, dass viele Städte Migranten stärker aus dem Blickwinkel der Sicherheit und damit als Problem eigener Art ansehen, wie aus manchen Antworten im Zusammenhang mit der bereits erwähnten Umfrage unter rund 200 Städten angenommen werden darf.
In die Untersuchung wurde die wirtschaftliche Situation und die soziale Stellung der befragten Personen (Hartz IV-Empfänger?) nicht mit einbezogen. Berücksichtigt wurde auch nicht, ob die Be-fragten in einem Umfeld mit einem hohen Anteil Bürger gleicher Volks- oder Staatsangehörigkeit leben (Kolonienbildung).
Zu bedauern ist auch, dass die Autoren der Studie sich einen Blick in die Vergangenheit versagt haben; denn das Thema »mediale Integration« entstammt keinem Geistesblitz der letzten drei Jahre. Immerhin haben die Bürger der Bun-desrepublik mehrere Integrationswellen erlebt.
Soweit ARD und ZDF eine kontinuierliche Forschung zum Mediennutzungsverhalten von Migranten für erforderlich halten, ist dies zu begrüßen. Die Anstalten sollten allerdings sehr darauf drängen, dass diese Forschung stärker wissenschaftlichen Ansprüchen genügt und dass nicht der durch die vorgelegte Studie erweckte Eindruck entsteht, der größte Teil der Völker, die in der Bundesrepublik eine neue Heimat oder Aufenthalt gefunden haben, wird nicht wahrgenommen oder schärfer formuliert, wird ausgegrenzt.
Unser Autor ist verantwortlicher Redakteur der in Köln e...
Zum Weiterlesen gibt es folgende Möglichkeiten:
Mit einem Digital-, Digital-Mini- oder Kombi-Abo haben Sie, neben den anderen Abo-Vorteilen, Zugriff auf alle Artikel seit 1990.