D-Day bei Dynamo

Mitgliederversammlung entscheidet Zukunft von DDR-Rekordmeister BFC

  • Matthias Koch
  • Lesedauer: ca. 3.0 Min.

Beim BFC Dynamo sind die fetten Jahre vorbei. In der Gegenwart kämpft der Fußball-Viertligist ums sportliche und wirtschaftliche Überleben. Am Sonnabend müssen die Anhänger auf der Mitgliederversammlung zwischen zwei Konzepten über die nahe Zukunft entscheiden.

»Die Pauschalverurteilung des BFC Dynamo muss ein Ende haben«, fordert Peter Meyer. »Wir wollen nicht ständig mit Hooligans oder Nazis in Verbindung gebracht werden.« Der bisherige Haupt-sponsor des BFC Dynamo hält positive Schlagzeilen für das »enfant terrible« des Ostfußballs für möglich. »In erster Linie muss sportlicher Erfolg her«, sagt der 39-jährige Geschäftsführer der Telekommunikationsfirma Infinity. »Außerdem brauchen wir neutrale Sponsoren.« Auf der Mitgliederversammlung am Sonnabend sollen die Anhänger für sein Konzept der allmählichen wirtschaftlichen Gesundung die Hand heben. Meyer hat den Verein mit seinem Geld in der vergangenen Saison vor der Insolvenz bewahrt. Und zog fortan die Fäden im Hintergrund. Präsident Mario Weinkauf trat ab August 2006 nur noch als Kontaktmann zu den Ämtern und den Medien in Erscheinung. In den letzten Wochen versuchte Weinkauf, Regionalleiter Nordost beim Telekommunikationsunternehmen QSC, jedoch die volle Macht zurückzuerlangen. Weinkauf präsentierte einen Sponsor, der aus Thüringen stammt und in Berlin lebt. Der geheimnisvolle Gönner hat schon mal 300 000 Euro auf das Konto der Wirtschafts-GmbH des Vereins überwiesen, die Rechte am Vereinslogo gekauft und für monatlich einen Euro der Wirtschafts-GmbH zur Vermarktung zur Verfügung gestellt. Gerade die Rechte am eigenen Logo forderten die Fans seit Jahren zurück. Zwischen 1990 und 1999, als der Verein FC Berlin hieß, hatte sich der pfiffige Westberliner Devotionalienhändler »Pepe« Mager die seinerzeit ungeschützte Marke gesichert. Nach der Rückbenennung in BFC Dynamo kassierte Mager den Verein ab, wenn dieser beispielsweise einen Wimpel mit Logo anfertigen lassen wollte. Im Jahr 2002 erwarb die Ra-Be Immobilien- und Handelsgesellschaft mbH aus Berlin die Rechte am Emblem. Ra-Be-Geschäftsführer Rayk Berndt, ein langjähriger BFC-Fan und Mitglied der Motorradgruppe Hells Angels, organisierte die Herstellung von Fanartikeln selbst und beteiligte den Club mit zehn Prozent am Gewinn. Kürzlich überließ Berndt das Logo dem neuen Sponsor. Laut Weinkauf für eine sechsstellige Summe. »Ich habe einen Sponsor besorgt, der dem Verein in den nächsten drei Jahren das Überleben sichern kann«, erklärt Weinkauf. »Ich habe die Rechte am Logo zurückgeholt. Mehr kann ich für den Verein im Prinzip nicht tun.« Trotz dieser Gaben scheint Weinkauf bei Fans und Funktionären keine Lobby mehr zu haben. Zu oft wurden Teile der Anhängerschaft ihrer Meinung nach unberechtigt von Weinkauf in der Öffentlichkeit als Randalierer oder Rechte bezeichnet. »Es liegen genug Misstrauensanträge vor. Ich gehe davon aus, dass Weinkauf zu Beginn der Sitzung von selbst zurücktreten wird«, glaubt Widersacher Peter Meyer. Ein Problem bleibt. Der von Meyer aufgestellte Etat in Höhe von 300 000 Euro ist noch nicht gedeckt. 150 000 Euro fehlen. Zudem beziffert Meyer die Verbindlichkeiten des einstigen DDR-Rekordmeisters auf 165 000 Euro. Insofern kann es sich der BFC Dynamo angesichts des angepeilten Aufstiegs in die Regionalliga eigentlich nicht leisten, auf das Geld des neuen Sponsors aus dem »Hause Weinkauf« zu verzichten. Annäherungsversuche beider Seiten hat es schon gegeben. Doch lange drohten sie am unbedingten Machtwillen Weinkaufs zu scheitern. »Das Geld fließt nur, wenn ich Präsident bleibe«, lautete wochenlang die Aussage. Diese Einbahnstraße hat der Volkswirt auf Anraten seiner Familie inzwischen verlassen. »Ich klebe nicht an dem Posten. Ich kann mir auch eine Mitarbeit in einem anderen Gremium vorstellen«, sagt Weinkauf, der bei den Alten Herren des BFC spielt. Auf Vermittlung Rayk Berndts, der das BFC-Logo nach dem Verkauf wohl in guten Händen wissen will, berieten sich Peter Meyer und der neue Sponsor am Montagabend. Eine Lösung wurde noch nicht gefunden. »Ob wir uns verkaufen wollen oder nicht, kann ich noch nicht sagen«, sagte Meyer. »Erst am Dienstagabend werde ich darüber mit dem Wirtschaftsrat, dem Fanbeirat, Funktionären und Kapitän Jörn Lenz beraten.« Unabhängig vom Ausgang der Runde am Dienstag (nach Redaktionsschluss) und der Mitgliederversammlung am Sonnabend benötigt der BFC für seinen Selbstreinigungsprozess offensichtlich noch einen langen Weg. Wie der Nordostdeutsche Fußball-Verband gestern auf seiner Homepage veröffentlichte, muss der BFC Dynamo wegen des negativen Verhaltens seiner Zuschauer beim 1:0-Erfolg im Meisterschaftsspiel beim SV...

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