Cottbus soll ministerial werden

Wissenschaftsministerium soll in Potsdam Platz für die Bundespolizei machen

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 4 Min.

Das Landeskabinett hat am Dienstag beschlossen, im Potsdamer Stadtzentrum Platz für 1800 neue Beamte zu schaffen, die im Präsidium der Bundespolizei angestellt sind. Sie seien »hoch dotiert«, sagte Finanzminister Christian Görke (LINKE) bei der Präsentation dieser Pläne, und sie werden zwischen Heinrich-Mann-Allee und Horstweg unterkommen, dort, wo unter anderem einstmals das Sozialministerium unter Regine Hildebrandt seinen Sitz hatte.

Im Gegenzug müssen Landesbeamte Potsdam verlassen. Der Umzug des Wissenschafts- und Kulturministeriums nach Cottbus ist die herausragendste der vorgesehenen Maßnahmen. Aber auch der Landesrechnungshof soll sich nicht zu sicher sein, dass er in Potsdam bleiben darf. Dagegen kann sich Landesdatenschutzbeauftragte Dagmar Hartge, die in beengter Lage in Kleinmachnow untergekommen ist, mit ihrer personell erweiterten Behörde auf ein neues Domizil im Zentrum von Potsdam freuen.

Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) bemühte sich, dem Ganzen eine positives Image zu geben. Er sprach von Stärkung des Verwaltungsstandorts Cottbus, dem mindestens 130 neue Beamte beschert werden sollen. Man wolle über die »warmen Worte« hinausgehen und das Ziel verfolgen, die Wissenschaftsdichte in der Provinz zu erhöhen.

Umzüge im ganzen Bundesland

Weitere 90 Beamte - und zwar die des Landesbetriebs Forst - sollen von Potsdam nach Eberswalde umziehen, wo laut Woidke ein »Kompetenz-Hotspot« für Forst und Umweltschutz gemeinsam mit der Hochschule für nachhaltige Entwicklung gebildet werden soll. Über den Zuzug einer Außenstelle des Schulamtes Frankfurt/Oder kann sich die Stadt Angermünde freuen. Dann wird ein halb leer stehendes neues Bürogebäude ausgelastet sein.

Diese Gesten seien mit der Erwartung verbunden, der Bund möge weitere Behörden in den ostdeutschen Bundesländern ansiedeln, fügte Woidke hinzu. Er zeigte sich sicher: »Wo immer der Bundesadler an der Tür prangt, bedeutet es eine Aufwertung und Stärkung der Region.«

Görke und Woidke sind sich bewusst, dass mit Beamten ein Personenkreis betroffen ist, der sich zur Wehr setzen kann. Diese Pläne werden keineswegs allenthalben auf Jubel stoßen, räumte Woidke ein. Beispiele in der Vergangenheit haben gezeigt, wie wirkungsvoll sich Beamte gegen ihre Versetzung sträuben können. Pflichtschuldigst wurde das Sonnensystem der »Personalzusatzkosten« dargelegt, die Möglichkeit der Umzugsbeihilfe, des Trennungsgeldes, die »Leistungen nach dem TV Umbau«.

Wer dennoch keine Lust hat, für den halten die Umzugspläne der Landesregierung die »Beschäftigungsgarantie am Standort« bereit. Dass sie mit ihren Verschickungsplänen bei bestimmten Beamten, möglicherweise sogar bei sehr vielen, keinen Blumentopf gewinnen werden, darüber sind sich beide Politiker im Klaren. Und offenbar macht das auch nichts. Laut Woidke ist angesichts des Altersdurchschnitts in der Landesverwaltung zu erwarten, dass demnächst auch in Potsdam jede Menge Arbeitsstellen im Landesdienst frei werden, sodass die umzugsunwilligen Beamten weiter in Potsdam arbeiten können. »Wir werden viele Stellen zu besetzen haben.«

Andrea Kühnemann, stellvertretende Landesbezirksleiterin Berlin-Brandenburg der Gewerkschaft ver.di begrüßte am Dienstag die Entscheidung zur Dezentralisierung. Das war verbunden mit der Aufforderung, »umgehend mit den Beschäftigtenvertretungen sowie der Gewerkschaft über den Umfang des Umzugs und die neuen Arbeitsbedingungen zu verhandeln«. Da der »Tarifvertrag Umbau« noch bis 2020 gelte, erwarte man eine Beschäftigungsgarantie am neuen Standort, so Kühnemann.

Unklarheiten bei Geldern

Möglicherweise hat sich der Landesrechnungshof, der heute im Landtagsschloss sitzt, zu früh gefreut, als er sich eine Zukunft in den »Roten Kasernen« am Stadtrand von Potsdam ausmalte. Finanzminister Görke legte dar, dass dies mit einem Mietpreis von einer halben Million Euro pro Jahr zu Buche schlagen würde. Wenn nach zehn Jahren demnach fünf Millionen Euro gezahlt sein würden, dann wäre ein Neubau (er brachte den Standort Cottbus ins Spiel) eben wirtschaftlicher.

Das allerdings ist nicht sicher, weil zunächst das Gesetz geändert werden muss, in dem die Stadt Potsdam als Residenzort dem Rechnungshof zugewiesen ist. Ziel all dieser Maßnahmen sei es, Leerstände von Landesliegenschaften zu reduzieren, Mietprojekte zu vermeiden und Flächenpotenziale landeseigener Liegenschaften optimal zu nutzen. Offenbar keine Rolle hat gespielt, wie 1800 zusätzliche Spitzenbeamte in Potsdam sich auf die Miethöhen in der Stadt und den Berufsverkehr auswirken werden.

Die Frage, warum die Landesregierung in ihren letzten Wochen so umfassende und in die Zukunft reichende Entwicklungen festlegt, beantwortete Woidke mit dem »sich schließenden Zeitfenster«. Spätestens 2021 müsse das Gelände für die Bundespolizei geräumt sein. Die Grundsatzentscheidung habe fallen müssen, denn »uns rennt die Zeit davon«.

In den 90er Jahren verfolgte die Landesregierung das Konzept, Landesbehörden auf dem inzwischen freigezogenen Gelände des einstigen Oberkommandos der sowjetischen Streitkräfte in Wünsdorf anzusiedeln. Mit dem nachhaltigen passiven Widerstand der Beschäftigten hatte man aber nicht gerechnet. Das Vorhaben blieb - bestenfalls - Stückwerk. Auf die Frage, warum diesmal nicht das immerhin ausgebaute Wünsdorf in die neuen Umzugspläne einbezogen sei, sagte Görke, dort bleibe alles beim Alten.

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