Die Verschweizerung der Welt

»Justiz« von Friedrich Dürrenmatt am Schauspielhaus Zürich, inszeniert von Frank Castorf

Von Hans-Dieter Schütt

Wir fürchten uns, am Tische Platz zu nehmen, wo das Leben mit Behagen seine eigenen Herzstücke verspeist. Wir ekeln uns vor jenem Gift, das unsere Bestrebungen nach Güte und Glauben so fett und fies durchtränkt. Die Kunst aber hat Namen für das, was wirklich Freiheit wäre, gefährlichste Freiheit: de Sades Peitschenlust oder Baudelaires böse Blumen. Batailles Ekel oder Artauds Grausamkeit. Buñuels Widerlichkeiten, Genets Perversitäten und Hrdlickas gerissenes Hurenfleisch. Kunst, die uns bewegen will, das Gleichgewicht zu verlieren angesichts rünstiger, ruchloser Bilder - um so ins Höhlensystem der Räusche einzutreten, jenseits unserer Illusionen von einer beherrschbaren Welt.

Wir sind da schon mitten im Werk von Frank Castorf. Am Schauspielhaus Zürich inszenierte er »Justiz« nach dem Roman von Friedrich Dürrenmatt. Der Kantonsrat Kohler erschießt in einem Café den Literaturprofessor Winter, beauftragt im Gefängnis...


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