Zukunft liegt im Medicon Valley
Die boomende Biotechnologie-Branche lockt die Pharmaindustrie
Die chemisch basierte Pharmaindustrie stößt an die Grenzen des Wachstums. Deshalb tut sie sich mit der biotechnologischen Branche zusammen, die ihr den Rang streitig macht.
Biotechfirmen stellen mit Hilfe von Zellkulturen von Menschen, Tieren, Bakterien und Hefe Proteine und Nukleinsäuren her. Dazu wird das Erbgut der Zellen häufig gentechnisch verändert. Schwerpunkte der Forschung sind Krebs, Diabetes, Herz-Kreislauf-Krankheiten sowie Fettsucht. Da die Branche boomt, setzt auch die herkömmliche Pharmaindustrie auf diesen Trend. Die Investitionen von heute werden sich spätestens in zehn Jahren als Goldgrube erweisen, so das Kalkül. Tatsächlich wurden allein in Dänemark seit den 90er Jahren Milliardensummen in Biotechunternehmen gesteckt. Die Forschung zehrt von der langen Tradition dänischer Universitäten in der Medizin, deren wirtschaftliche Grundlage Unternehmen wie Novo Nordisk, Novozymes, Lundbeck und Leo Pharma legten. Der Gründerboom begann 1997 und erreichte 2001 mit 17 neuen Firmen einen ersten Höhepunkt. Die meisten der heute rund 140 Unternehmen haben ihren Sitz nördlich von Kopenhagen. Hier im »Medicon Valley« gibt es anders als in der Hauptstadt Platz. Zudem ist die Distanz zu den Universitäten von Kopenhagen oder im schwedischen Lund relativ kurz. Pharmakonzerne interessieren sich für die forschungsorientierten Firmen, da diese im Schnitt sieben erfolgsversprechende Medikamente in der Pipeline haben. Eine kürzlich veröffentlichte Studie für Europa zeigte, dass nur Schweizer Biotechfirmen mit acht Projekten produktiver sind, während es deutsche und britische Unternehmen nur auf drei bis fünf bringen. Eine Vielzahl von Projekten ist notwendig, da die meisten Ideen im Laufe des gewöhnlich zehnjährigen Forschungs- und Entwicklungsprozesses aussortiert werden und nie die Apotheken erreichen. Dies verlangt einen großen Forschungsapparat und umfangreiches Kapital. Letzteres kommt oft von risikobereiten Beteiligungsfonds, die in Dänemark im Vorjahr 135 Millionen Euro in die Branche steckten. Hinzu kommen Joint Ventures mit Pharmaunternehmen aus Dänemark oder aus den USA. Diese finanzieren einen Großteil der kostenintensiven Forschung und bekommen im Erfolgsfall die lukrativen Vermarktungsrechte für den US-Markt, während der dänische Partner die europäischen Rechte behält. Die Biotech-Unternehmen schielen längst auf den Weltmarkt. Bavarian Nordic schaffte unlängst mit einem Pockenimpfstoff den Durchbruch auf dem amerikanischen Markt. Die Erlöse von zunächst rund 500 Millionen Dollar sollen in die Finanzierung von Krebs- und HIV-Projekten fließen. In der Pharmaindustrie hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass der Erfahrungsaustausch eine relativ preiswerte Investition ist. So hat die Stiftung des Konzerns Novo Nordisk ein Labor für die Proteinforschung an Dänemarks Technischer Universität in Lyngby finanziert. Spezialisten arbeiten hier im Bereich Grundlagenforschung. Die Mittel werden nicht für spezielle Zwecke vergeben, was den Forschern möglichst große Spielräume für ihre Arbeit eröffnen soll. Zu dem Erfolg der Biotechbranche hat auch der Einstieg von erfahrenem Führungspersonal beigetragen. Dies sorgt für mehr Vertrauen der Investoren in die Perspektiven der jungen Unternehmen. Einige haben sogar schon den Sprung an die Kopenhagener Börse gewagt, um sich Kapital für die Forschungsarbeiten der nächsten Jahre zu beschaffen. Aber auch der Staat soll helfen: durch verstärkte Ausbildung junger Menschen in naturwissenschaftlichen Fächern und bessere steuerlic...Zum Weiterlesen gibt es folgende Möglichkeiten:
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