Eine ungefüge Leidenschaft

Vor 200 Jahren wurde der Schweizer Schriftsteller Gottfried Keller geboren

Meist sitzt er an seinem Tisch, starrt versonnen aufs Manuskript, das ihm immer fremder, immer gleichgültiger wird, und ist in Gedanken schon wieder bei Betty, der Schönen, der Angebeteten, der Unnahbaren, die ihn dazu gebracht hat, dass er kaum noch etwas anderes denken kann. Er hat Mühe, es zu ein paar vernünftigen Zeilen zu bringen. Stattdessen kritzelt er auf der Schreibunterlage herum und bannt voller Sehnsucht ihren Namen aufs Papier: Betty Tendering, einmal, zweimal, dreimal, immer wieder, mal winzig, mal in hohen Buchstaben, dann wieder nur, kunstvoll verschlungen, die Buchstaben B. T. oder, auch das mehrmals, Mai 1855. Er skizziert einen Mann, der auf der Schulter eine Stange trägt, an der Blumenranken hängen, allesamt zu einem B geformt, oder ein Haus mit verschlossener Tür und verriegeltem Tor. Mit dem Buch indes, über dam er brütet, geht es nur mühsam voran.

Unterdessen schickt ihm der Braunschweiger Verleger Eduard Vieweg ...


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