Der Mann, der Dynamit war

Ästhetik als grobe Zumutung für jegliche Form von Feingeistigkeit: Ein Nachruf auf den Tanztheaterpionier Johann Kresnik

  • Gunnar Decker
  • Lesedauer: ca. 3.5 Min.

Einen »Berserker« nannte man ihn, doch er selbst wollte nie so bezeichnet werden. Denn seine Wut sei nicht blindwütig, sondern immer konkret. Das sagt sich leicht, aber was man auf der Bühne von Johann Kresnik sah, das waren hochenergetische Ausbrüche. Es drückte einen förmlich in den Sessel im Zuschauerraum, und ein unbehagliches Gefühl stieg auf: Meint der etwa mich?

Johann Kresnik war ein sanftmütiger Mensch, der sich seine Ausbrüche für die Bühne vorbehielt. Doch seine Ästhetik hatte etwas, das jede Form von Selbstgewissheit angriff, jeden Schutzpanzer aufsprengte, und sei es mit Gewalt.

Am Staatstheater Cottbus sah ich 2010 »Fürst Pücklers Utopia«, ein orgiastisches Jahrmarktsfest, und alle im Saal fragten sich zunehmend besorgt, ob das denn wohl eine kongeniale Pückler-Auslegung sei. Es gab gerade ein Pückler-Jubiläum, dazu hatte man Kresnik eingeladen. Aber mit feierlichen Anlässen, gar mit Fragen der Auslegung und Interpretation...


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