Griebnitzsee für wenige

Der Kampf um einen frei zugänglichen Uferweg erlitt vor Gericht erneut einen Rückschlag

Eine halbe Ewigkeit ist es nun schon her, dass einige Eigentümer der Grundstücke am Potsdamer Griebnitzsee den bis dahin öffentlichen Uferweg absperrten. Die Stadt wollte den Weg wieder freikämpfen und stellte zu diesem Zweck bereits 2007 einen Bebauungsplan auf, den das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg jedoch im Jahr 2009 für unwirksam erklärte. Danach stellte die Stadt 2012 einen neuen Bebauungsplan auf und hat diesen nach der Korrektur einiger Fehler 2016 ein zweites Mal beschlossen. Es könne lange dauern, bis das Ufer des Griebnitzsee wieder frei zugänglich ist, hieß es seinerzeit vorsorglich.

Nun scheint es, als sei die Stadt in alle den Jahren im Endeffekt keinen Schritt vorangekommen, als werde sie ihr Ziel eines durchgängig freien Uferwegs vielleicht niemals erreichen. Denn am Mittwochabend verbreitete das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg seine Entscheidung über die Klagen von 20 Anliegern gegen den neuen Bebauungsplan. Die Richter haben den Plan wegen inhaltlicher Mängel beanstandet und für unwirksam erklärt. Insbesondere die Sicherheit der Grundstückseigentümer und ihr Anspruch auf Schutz der Privatsphäre seien nicht mit dem diesen Dingen zukommenden Gewicht abgewogen worden. Das Interesse der Anwohner an einer wirksamen Abschirmung sei nicht hinreichend berücksichtigt worden, hieß es. Revision wurde nicht zugelassen.

Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) gibt aber noch nicht auf. »Wir werden nun die schriftliche Urteilsbegründung des Gerichts abwarten und weitere Schritte prüfen«, erklärte er. Ähnlich äußerte sich Linksfraktionschef Stefan Wollenberg. »Um über das weitere Vorgehen zu entscheiden, müssen wir in jedem Fall die schriftliche Urteilsbegründung abwarten«, sagte Wollenberg am Donnerstag. Persönlich kann der Linksfraktionschef das Urteil schwer nachvollziehen. Er hält es für »ein fatales Signal für freie Uferwege«.

Das OVG hatte die Sache bereits an zwei Tagen im September 2019 verhandelt, und damals hatte Vizegerichtspräsidentin Dagmar Merz bereits zu Beginn festgestellt: »Es werden einige Themen offen bleiben, auch nach den zwei Tagen. Wir brauchen einen dritten Verhandlungstag.« Als Termin wurde schließlich der 11. Dezember festgesetzt.

Die Stadt hat einen drei Meter breiten Weg plus 50 Zentimeter Grünstreifen zu beiden Seiten im Auge. Der Weg für Fußgänger und Radfahrer würde zwischen den Gärten hinter den Häusern und den Seegärten direkt am Ufer verlaufen. Diese Seegärten dürften extra eingezäunt werden, allerdings nur mit Metallgittern, die den Blick auf das Wasser frei lassen. Mit einem vom OVG bestätigten Bebauungsplan wäre die Stadtverwaltung jedoch noch lange nicht am Ziel gewesen. Sie hätte dann nur versuchen können, durch Enteignungen einen Korridor für den geplanten Uferweg zu erhalten. Selbstverständlich müssten Entschädigungen gezahlt werden. Von Kosten in Höhe von 13 bis 14 Millionen Euro war die Rede.

Bis 1989 patrouillierten am Ufer DDR-Grenzsoldaten, denn auf der anderen Seite des Griebnitzsees erstreckt sich Westberliner Territorium. Nach dem Fall der Mauer entwickelte sich der alte Postenweg zu einer beliebten Strecke für Spaziergänger. Gegen die Sperrung empörten sich Nachbarn, die in der zweiten Reihe wohnen. Es bildete sich eine Bürgerinitiative »Griebnitzsee für alle«, die bis heute aktiv ist.

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