Bei den frommen Brüdern vom Kloster Ettal

Im bayerischen Voralpenland »macht Gott den Weg frei«, wird unterrichtet und Schnaps gebrannt

»Wenn sie etwas fragen wollen, machen sie sich bitte deutlich bemerkbar, denn wenn ich erst mal anfange, höre ich so schnell nicht wieder auf.« Pater Gregor hat eine lockere Zunge, und wer glaubt, dass Mönche alt und etwas weltfremd daherkommen, der wird durch den 33-Jährigen eines Besseren belehrt. Seit 1998 lebt er im Kloster Ettal in Bayern, ist Lehrer und Erzieher im dortigen Gymnasium und Internat. Zwischendurch plaudert er gern mit Gästen, die er überaus kurzweilig durch die heiligen Hallen führt.
Das Kloster, 1330 durch Kaiser Ludwig den Bayern im Ammertal erbaut, wirbt für sich unter dem Motto: »Ein Erlebnis für Geist, Seele und Leib«. Was den Geist und die Seele betrifft, so scheint der liebe Gott Pater Gregor alle Vollmachten erteilt zu haben. »Ora et labora« (bete und arbeite) - nach diesem Grundsatz ist das Leben bei den Benediktiner-Mönchen geregelt, und zwar Beides zu festen Zeiten. Die Arbeit sieht der junge Mönch ganz pragmatisch, denn das Kloster muss sich selbst tragen, Zuschüsse vom Staat gibt es nicht. Beten mache den Kopf frei und schaffe die Nähe zu Gott. »Aber manchmal kann einem das Beten auch auf den Geist gehen, wenn man gerade so schön in seine Arbeit vertieft ist«, erfahren wir von ihm. Für Pater Gregor wie für die rund 50 anderen Glaubensbrüder zwischen 23 und 80, die in Ettal leben, ist das Kloster »ein Ort der die Menschen aufrichten soll«. Damit wir auch verstehen was er meint, fügt er ganz weltlich an: »Gott macht hier sozusagen den Weg frei, nicht nur die Raiffeisenbank«.
Mit so einem wie Pater Gregor muss es den rund 380 Schülern des öffentlichen Gymnasiums einfach Spaß machen, in diesen uralten Mauern zu lernen und zu leben. Zwar erklärt der fromme Bruder nicht näher, was er darunter versteht, aber »in der Kirche darf es auch menscheln«, ist er überzeugt und beruft sich dabei auf seinen himmlischen Vater. Das wolle er auch seinen Schülern vermitteln. Wer den Kunst- und Religionslehrer während einer Klosterführung kennengelernt hat, wird daran auch nicht im Geringsten zweifeln.
Die Erziehung junger Menschen ist bereits seit 1709 neben der Seelsorge die wichtigste Aufgabe des Benediktiner-Klosters in den westlichen bayerischen Voralpen. Einige Jahrzehnte lang hatte die sogenannte »Ritterakademie« - eine Zwischenform zwischen Gymnasium und Universität - sogar überregionale Bedeutung.
Während sich Pater Gregor vorwiegend für geistige Dinge im Kloster verantwortlich fühlt, liegt Pater Vitalis eher Geistiges. Seit neun Jahren ist er Herr über die Klosterdestillerie. Und das, obwohl er nie auch nur einen Schluck von all dem trinkt, was er aus echten Kräutern »zusammenrührt«. »Muss ich auch nicht«, erklärt er. Zum einen werde seit dem 16. Jahrhundert nach den gleichen (streng gehüteten) Rezepturen gebrannt, zum anderen nehme man die Feinheiten ohnehin nicht mit der Zunge, sondern mit der Nase wahr.
Er muss es ja wissen! Wir jedenfalls verlassen uns da doch eher auf unsere Gaumen. Pater Vitalis gießt jedem das Gewünschte ein und gibt dem Hochprozentigen seinen liebsten Trinkspruch mit auf den Weg: »Erst ein Blick zum Himmel, dann weg mit dem Lümmel«. Zwischen grünem, gelben oder Heulikör erzählt der gelernte Landwirt, Brenner und Apotheker, wie wichtig die Destillate für das Klosterleben sind. Denn die Einnahmeüberschüsse aus den jährlich rund 100 000 Liter Hochprozentigen kommen dem Gymnasium zugute. Und da letztlich die Zukunft des Landes von der Qualität der Bildung des Nachwuchses abhängt, nehmen wir gern noch ein Schlückchen.
Mit den Überschüssen aus der Klosterbrauerei läuft das genau so. Seit 400 Jahren wird die Brautradition hier gepflegt. Das flüssige Brot Bayerns wurde ursprünglich ausschließlich für die Mönche und die zufällig vorbeikommenden Pilger gebraut, heute pilgern viele extra wegen des Gerstensaftes ins Kloster. Natürlich kann man ihn auch außerhalb der Mauern trinken, nur ist zusätzlich hier noch ein Blick in die Geschichte des »Ettaler Klosterbräus« möglich - ein kleines Museum zeigt, wie früher gebraut wurde.

Kloster Ettal, Tel.: (08822) 74-0, Fax: -228,
E-Mail: verw...

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