Idylle und Ballermann

Viele Naturschutzgebiete und kein Gesamtkonzept im Peenetal

  • Anke Engelmann
  • Lesedauer: ca. 2.0 Min.

Was wird aus dem Peenetal, dem größten zusammenhängenden Niedermoorgebiet in Mitteleuropa?

Moore, Wälder, Feuchtwiesen. Biber, Otter, Seeadler, Orchideen. 156 Vogel-, und 37 Fischarten, darunter Fluss-, Bachneunauge und der Schlammpeitzger. 33 Libellen- und 149 Laufkäferarten - das Paradies ist nur eine Zugstunde von Berlin entfernt. Das Kerngebiet der Naturidylle in Mecklenburg-Vorpommern ist 20 000 Hektar groß, insgesamt gehören zu dem Gebiet 45 000 Hektar. 29 Millionen Euro flossen seit 1992 in dieses einzigartige Naturdenkmal: 72,8 Prozent übernahm der Bund, 19,4 Prozent das Land, den rest schießt eine Stiftung zu. Ende 2008 ist das Projekt, das die Unterschutzstellung des Peenetals vorbereiten sollte, abgeschlossen. Zuständig dafür war der eigens gegründete Zweckverband (ZV) Peenetal-Landschaft, dem verschiedene Landkreise und Städte sowie der Förderverein Naturschutz im Peenetal angehören. Die sind sich nicht ganz grün. Der Zweckverband habe mit »großer Arroganz« auf Befürchtungen der Bevölkerung reagiert, berichtet der Landschaftsökologe Kees Vegelin vom Förderverein. Naturschutz funktioniere jedoch nur mit den Menschen. Er kenne keine Widerstände, kontert Mike Stegemann, stellvertretender Projektleiter beim ZV. Was wird aus dem Peenetal, wenn 2008 das Naturschutzprojekt ausläuft - Naturpark, Biosphärenreservat, Nationalpark oder Landschaftsschutzgebiet? Eines steht fest: Es wird keinen Nationalpark geben, sondern mehr oder weniger bleibt alles, wie es ist - mit vielen kleinen Natur-, und Landschaftsschutzgebieten. Aus Angst vor den Kosten hatte sich die klamme Landesregierung vehement gegen die Einrichtung eines weiteren Nationalparks im Land ausgesprochen. An ihrer Sturheit scheiterte auch eine Initiative für einen privaten Stiftungsnationalpark, die der Zweckverband und Lokalpolitiker gestartet hatten. Schließlich wäre bei einem Nationalpark der wirtschaftliche Nutzen für die Region größer - der Status würde mehr Touristen anlocken, gezielt könnte man ihnen Bildungsangebote servieren. Bislang jedoch ist noch nicht einmal ein Tourismuskonzept für die Gesamtregion in Sicht, jeder Kreis backt seine eigenen Brötchen. Zwischen den idyllischen Rastplätzen der Kanustationen und Ballermann ist derzeit alles drin, sagt Vegelin. Einige Bürgermeister setzen auf die vollen Geldbeutel der Touristen, die mit Yacht oder Motorboot die Peene entlang tuckern. Doch die lassen einer aktuellen Studie zufolge weniger Geld in der Region als beispielsweise die Paddler, so der Ökologe. Eine eigene, zentrale Verwaltung für das Gesamtgebiet ist nicht in Sicht, so Vegelin. Keine rosigen Aussichten, denn wer soll kontrollieren, ob der Naturschutz eingehalten wird? Die zuständigen staatlichen Ämter wären mit der Aufsicht über das riesige Gebiet endgültig überfordert, fürchtet er. Diese Aufgabe könnte der Zweckverband übernehmen, schlägt Mike Stegemann vor. Schließlich habe der seit 1993 Erfahrungen gesammelt. Das Land hingegen favorisiere landeseigene Verwaltungsstrukturen, weiß Vegelin. Wer den Zuschlag bekommt, ist noch offen. Wahrscheinlich geht das Land den...

Wenn Sie ein Abo haben, loggen Sie sich ein:

Mit einem Digital-, Digital-Mini- oder Kombi-Abo haben Sie, neben den anderen Abo-Vorteilen, Zugriff auf alle Artikel seit 1990.