Badeverbot verwässert

Potsdams Stadtparlament segnet umstrittenen Kompromiss zum Schlosspark Babelsberg ab

2545 Bürger haben eine Petition für die Rettung des Strandbads Babelsberg in seiner bisherigen Form unterzeichnet, darunter 2020 Einwohner der Stadt Potsdam. Die Unterschriften wurden am Mittwochabend in der Stadtverordnetenversammlung an Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) übergeben.

Vorgesehen ist ein Flächentausch mit der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten. Im Ergebnis werden das Strandbad und der benachbarte Seesportclub abgerissen, und es wird ein Neubau errichtet, in dem beide zusammen unterkommen sollen. Dass dort weniger Platz sein wird und sich auch die Freifläche verringert, ist nur eines der Probleme dabei. Rund 4,5 Millionen Euro wird das kosten. Anwohnerinnen, die im Stadtparlament zu Wort kamen, halten dies für Geldverschwendung.

Der Stadtverordnete Lutz Boede von der linksalternativen Fraktion »Die Andere« erinnerte daran, dass im Strandbad Szenen des berühmten Defa-Films »Die Legende von Paul und Paula« (1973) gedreht worden sind - quasi als letztes Argument, es lieber so zu lassen, wie es ist. Boede warnte, dass mit Abstand von weniger als 50 Metern an der Uferzone im Weltnaturerbe Schlosspark Babelsberg höchstens im Ausnahmefall gebaut werden dürfe. Möglicherweise - es wäre der schlimmste anzunehmende Fall - werde heute hier der Flächentausch beschlossen, doch später die Baugenehmigung versagt.

Doch das alles nützte nichts mehr. Mit 38 zu 15 Stimmen gab das Stadtparlament dem Vorhaben seinen Segen. »Zum Strandbad sind alle Argumente ausgetauscht«, sagte Gert Zöller (Grüne). Es sei mit der Schlösserstiftung ein Kompromiss ausgehandelt worden, mit dem alle zufrieden sein könnten. CDU-Frak᠆tionschef Götz Friedrich sagte, jetzt gebe es einen Park, ein Strandbad und einen Seesportclub. Die werde es durch Zustimmung zu dem Flächentausch auch künftig geben - dann aber »mit Rechtssicherheit«.

Denn der vom Seesportclub mit der Stiftung abgeschlossene Pachtvertrag für sein altes Domizil lief bereits 2017 aus. Der Club hätte vertrieben werden können. Auch das Strandbad war auf Flächen der Stiftung dieser quasi ausgeliefert und hat auf Grund und Boden der Stadt eine weniger ungewisse Zukunft.

Die Euphorie von CDU und Grünen könne er nicht teilen, bekannte Linksfraktionschef Stefan Wollenberg. »Mich stellt dieser Kompromiss nicht zufrieden.« Seine Genossen Isabelle Vandré und Ralf Jäkel zum Beispiel stimmten dagegen, er selbst sowie seine Fraktionskollegen Hans-Jürgen Scharfenberg und Sascha Krämer dafür - um nicht Strandbad und Seesportclub komplett aufs Spiel zu setzen. Scharfenberg hatte bis zuletzt um Verbesserungen gerungen und dies teilweise mit Erfolg. Erst einen Tag zuvor hatten Stadt und Stiftung auf Vorschlag von Scharfenberg verbindlich ihre Absicht erklärt, ernsthaft darüber zu verhandeln, der Liegewiese des Strandbads noch einen zusätzlichen Streifen von etwa 2000 Quadratmetern zuzuschlagen, damit die Einschränkungen nicht ganz so drastisch ausfallen.

Alles hängt nun davon ab, dass Oberbürgermeister Schubert entschlossen verhandelt - und das hat er Scharfenberg versprochen. »Ich bin optimistisch, dass es am Schluss zu einer Vergrößerung der Liegewiese kommen kann«, sagte Scharfenberg. Am 24. Juni soll ein Ergebnis vorgelegt werden. Mehr scheint nicht drin gewesen zu sein, zumal es im Parlament eine Mehrheit für die Neuregelung auch ohne Zugeständnisse und Stimmen aus der Linksfraktion gab. Die Stadt Potsdam müsste ein Mitspracherecht in der Schlösserstiftung haben, beklagte Linksfraktionschef Wollenberg. Im Aufsichtsrat sind aber nur der Bund und die Länder Berlin und Brandenburg vertreten.

Abgelehnt wurde die Forderung der Linken, ersatzlos einen Passus in der Verwaltungsvereinbarung von Stadt und Stiftung zu streichen, wonach künftig im Schlosspark das Badeverbot außerhalb des Strandbads durchgesetzt werden sollte. Die Formulierung ist aber geändert worden. Demnach heißt es jetzt sinngemäß, wo das Baden bisher geduldet war, soll es weiterhin geduldet werden. Unter diesen Voraussetzungen meinten Scharfenberg und einige seiner Genossen, dem Kompromiss zustimmen zu können. Die Konkurrenz von links - die Fraktion »Die Andere« - votierte geschlossen dagegen.

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