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Umweltsünden im Wald
Vierter Tag der Erörterung der Einwendungen gegen die Tesla-Autofabrik
»Ich kann die Frage verstehen«, sagt Versammlungsleiter Ulrich Stock - und bohrt selbst noch einmal nach, weil der US-Konzern Tesla einer Bürgerin keine befriedigende Antwort gibt. Wie ist das nun? Es soll auf dem Gelände der Autofabrik, die in Grünheide im Kreis Oder-Spree entsteht, ein Lager für Gefahrstoffe geben, das sich außerhalb der Trinkwasserschutzzone befindet. Aber die Werkhalle liegt in der Schutzzone. Wie gelangen die gefährlichen Stoffe vom Lager in die Produktion? Wie ist abgesichert, dass beim Transport nichts verschüttet wird, versickert und das Grundwasser vergiftet?
Stock erhält Beifall, weil er nicht locker lässt. Er registriert das schmunzelnd. Schließlich wird ihm fast täglich unterstellt, er sei befangen und handele zugunsten der Autofabrik, die bei Anwohnern und Naturschützern auf Gegenwehr stößt. Befangen sollen angeblich auch die drei weiteren Mitarbeiter des Landesumweltamts sein, die auf dem Podium sitzen. Sie müssten um ihre Karriere fürchten, wenn sie sich trauen, den Interessen von Tesla zuwiderzuhandeln, wird geargwöhnt. Das weist das Podium zurück. Bei einem Mann sei der Verdacht schon deshalb abwegig, weil er in der Außenstelle Cottbus tätig sei und für die Tesla-Ansiedlung gar nicht zuständig.
414 Einwendungen gegen die Investition sind beim Umweltamt eingegangen. In der Stadthalle Erkner läuft seit Mittwoch vergangener Woche die Anhörung dazu. 56 Betroffene sind am Montag erschienen, um ihre Vorbehalte zu erläutern.
Über grundsätzliche Dinge wurde bereits gesprochen, auch über den Forst. Tesla ließ Waldstücke roden, um Platz für die Fabrik zu schaffen. Über Lärmbelästigung und Luftverschmutzung wird noch zu reden sein, ebenso über das befürchtete Verkehrschaos rund um das Werk, in dem schon in der ersten Ausbaustufe bis zu 12 000 Beschäftigte arbeiten sollen. Zunächst geht es am Montag in der Stadthalle Erkner aber wieder einmal um das Trinkwasser. Denn die Fabrik liegt in einer Trinkwasserschutzzone. Daraus ergeben sich mancherlei Schwierigkeiten.
Allerdings nicht mit den Gefahrstoffen, beteuert Tesla. Die würden in dafür zugelassenen Behältern befördert, die nicht leckschlagen können. Theoretisch lediglich rund zehn Prozent des Fabrikgeländes würden mit solchen Stoffen in Berührung kommen, praktisch sogar noch weniger, weil die Flächen großzügig berechnet seien. Teilweise würden die Stoffe in Rohrleitungen fließen. Das seien teils doppelwandige Rohrleitungssysteme mit einem Alarmsystem für den Fall eines Lochs. Bei einfachen Rohren würden darunter Auffangwannen platziert oder Beton, der ein Versickern zuverlässig verhindert.
Die Zuhörer geben sich mit den Erklärungen selten zufrieden. Applaus gibt es immer dann, wenn das Werk prinzipiell in Frage gestellt wird. Etwa in der Art: »Ist es wirklich sinnvoll, eine große Fabrik mit derart gefährlichen Stoffen in einer Trinkwasserschutzzone einzurichten?« Aber auch Details interessieren. Warum zur Sicherheit nicht Folien unter dem Betonboden verlegt werden, will ein Fragesteller wissen. Er beantragt, das bei den Bauarbeiten dort noch zu tun, wo es nicht schon zu spät ist.
Zur Trinkwasserschutzzone wurde das Gebiet übrigens erst 2019 erklärt. Die Schilder sind noch nicht aufgestellt. Als eine Frau fragt, seit wann die US-Firma wisse, dass sie ihre Autofabrik im Trinkwasserschutzgebiet bauen müsse, bedauert Versammlungsleiter Stock, dies sei »nicht entscheidungsrelevant«. Ob Tesla trotzdem antworten möchte? Nein, das möchte Tesla nicht.
Irrelevant für die Genehmigung ist nach Einschätzung von Stock außerdem, ob nun auf der Baustelle ein Kran betankt wurde, ohne eine Matte auszurollen und eine Wanne unter den Zapfhahn zu halten, wie es vorgeschrieben ist. Eine Mistreiterin des Naturschutzbundes legt zum Beweis ein Foto vor. Über mehrere Monate hinweg sei es immer wieder so gehandhabt worden, erzählt sie. Ein Herr ergänzt, es gebe im Wald »Öllachen ohne Ende«. Und ein Gemeindevertreter aus Fredersdorf-Vogelsdorf berichtet von Bestimmungen, die beim Umgang mit Pferdemist zu beachten sind. Als Stock ansetzt, Pferdemist sei hier nicht von Bedeutung, beschwert sich der Kommunalpolitiker: »Mir wurde gesagt, ein Pferdehalter hat mehr Auflagen als Tesla.«
Es wird die Ansicht geäußert, es sei durchaus relevant, ob beim Bau der Fabrik Sauereien geschehen. Denn das erlaube Rückschlüsse, ob Tesla verlässlich sei oder ob engmaschige Kontrollen angeraten sind. Konkret müsste aber nicht gegen Tesla, sondern gegen die Baufirmen vorgegangen werden, die Fahrzeuge riskant betanken. Es laufen bereits Verfahren wegen solcher Ordnungswidrigkeiten. Wer dergleichen beobachtet, der könne Anzeige zu erstatten, erläutert Stock. »Wir werden solche Verstöße hier nicht erörtern.«
Zu erörtern bleibt trotzdem noch viel. Eigentlich sollte die Anhörung schon abgeschlossen sein. Von Tag zu Tag wird entschieden, sie fortzusetzen, weil noch Fragen offen sind. Logistisch ist das nicht einfach. Die Stadthalle Erkner steht ja nicht leer. Sie wird für verschiedene Veranstaltungen benötigt. So war die Halle am Sonnabend durch die Linke belegt, die hier ihren Kandidaten im Bundestagswahlkreis 63 nominierte.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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